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Politische Teilhabe: Geht nicht, gibt’s nicht!

Sie war Klassensprecherin, hat sieben Schwestern, Demokratie im Blut und ist – wie wir finden – eine ziemlich „coole Socke“: Rita Pawelski, die Bundeswahlbeauftragte der diesjährigen Sozialwahlen. Warum am Rande stehen und zuschauen keine Lösung ist und warum eine Beteiligung an der noch bis zum 31. Mai laufenden Sozialwahl nicht zur Debatte steht – darüber sprach sie im Interview mit den Kollegen des TK-Magazins „TK Aktuell“. Aber lesen Sie selbst:

TK Aktuell: Sie sind Sozialpolitikerin. Sind Politiker aus diesem Ressort eine „besondere Spezies“?

Rita Pawelski Ja, ich bin Sozialpolitikerin, aber eine besondere Spezies bin ich nicht. Ich habe früh erkannt, dass dieses Ressort nicht sehr viele Lobbyisten hat, aber sehr viele Menschen trifft, die nicht immer in der Lage sind, ihre Bedürfnisse anzumelden. Und ich habe erkannt: Sozial engagierte Menschen treten oft zu bescheiden auf. In anderen Ressorts hingegen, etwa im Bereich Wirtschaft, werden oftmals sehr durchsetzungsstark Forderungen gestellt. Dies hat scheinbar mehr Aussicht auf Erfolg. Darum sollten Sozialpolitiker mehr Selbstbewusstsein zeigen. Das habe ich in meiner politischen Arbeit gelernt.



 Rita Pawelski gehörte viele Jahre dem Niedersächsischen Landtag an. Von 1994-2001 war sie stellvertretende Vorsitzende und frauenpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion. Ab März 2006 war Pawelski stellvertretende Vorsitzende des Untersuchungsausschusses Regionale Wirtschaftspolitik innerhalb des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie. Bis 2013 war sie Mitglied des Deutschen Bundestags, 2015 wurde sie schließlich zur Bundeswahlbeauftragten für die Sozialversicherungswahlen ernannt.


Verantwortung zu übernehmen und dies nicht als Belastung zu empfinden, ist nicht jedem gegeben. Ihnen aber schon, oder?

Ich komme aus einer sehr kinderreichen Familie, war das fünfte von acht Mädchen. Darum musste ich schon sehr früh Verantwortung übernehmen. In der Schule war ich Klassensprecherin. Mir war früh klar, dass ich selber etwas tun muss, um Ereignisse zu beeinflussen. Das hieß für mich: sich einbringen und einmischen. Die Demokratie, in der wir leben, erlaubt es uns glücklicherweise, Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Inzwischen bin ich seit 45 Jahren in der Politik und finde diese Arbeit nach wie vor aufregend und hochspannend.

Die Aufgabe, die ich jetzt als Bundeswahlbeauftragte übernommen habe, fülle ich voller Empathie und Herzblut aus: Denn das Prinzip Selbstverwaltung ist das Herzstück unserer Demokratie.

Hatten Sie immer schon den Drang, sich für andere stark zu machen? Sich einzusetzen für die gute Sache?

Unsere unrühmliche deutsche Geschichte hat mich letztlich dazu gebracht, mich politisch zu engagieren. Was zwischen 1933-45 in Deutschland passiert ist, darf nie mehr geschehen. Ich habe mich oft gefragt, warum damals so viele Menschen weggeschaut haben. Darum habe ich für mich beschlossen: Nur am Rande stehen und zuschauen, geht nicht. Da kann man nichts bewirken, man hat keinen Einfluss. Wegsehen, wenn Ungerechtigkeiten passieren, das war nie mein Ding. Selbst nach 45 Jahren aktiver politischer Arbeit lasse ich nicht nach zu versuchen, Dinge im positiven Sinne zu ändern. Dafür mache ich mich – hier oder da – auch gern mal unbeliebt. Wenn es der Sache dient, ist das okay.

Eine Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen und zu einem guten Abschluss zu bringen, setzt Kraft und Mut voraus. Haben Sie gefühlt immer genug davon?

Manchmal geht natürlich auch mir gefühlt die Puste aus. Das war zum Beispiel, als ich mich sehr für die Quote für Frauen in Führungspositionen engagiert habe. Ich hatte allerdings tolle Mitstreiterinnen, die mich immer wieder innerlich aufrüsteten. Grundsätzlich aber habe ich viel Energie, die ich gern in meinem Beruf einsetze. Und ich habe ein Lebensmotto: Geht nicht, gibt’s nicht!

Derzeit setzen Sie sich quasi als Vollblut-Politikerin für die Sozialwahlen ein. Betrachten Sie dies als eine sinnvolle Aufgabe?

Absolut ja! Allerdings: Die Sozialwahl findet nur alle sechs Jahre statt. Und obwohl es nach der Bundestags- und Europawahl die drittgrößte Wahl ist, kennen sie nur wenige. Das kann ich so nicht akzeptieren: Immerhin legen die gewählten Verwaltungsräte die Grundzüge der Unternehmenspolitik fest.
Satzungsleistungen wie etwa die sportmedizinische Beratung oder die Kostenübernahme von Reiseimpfungen bei der TK haben die Versicherten ihren gewählten Vertretern zu verdanken! Dafür muss ich mich doch als Mitglied interessieren – wenn ich darauf mit meinem Stimmzettel Einfluss nehmen kann!
Jede Stimme hat Gewicht und zählt. Mein Ziel ist es, mindestens 35 Prozent Wahlbeteiligung zu erreichen.

Probleme auf andere schieben, kann jeder. Sie selbst zu lösen, gelingt aber längst nicht jedem. Ihre Empfehlung für all diejenigen, die mit sich und der Situation hadern?

Mit der Bierflasche in der Hand auf dem Sofa liegen und abends während der Tagesthemen die Politik kritisieren, das ist der falsche Weg. Das ist total uncool. Sich einmischen ist cool, mitmachen ist cool. Darum: Macht mit und wählt! Es geht um Eure und Ihre Interessen.

Das Interview führte Britta Surholt.


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