Dr. Jens Baas

Krankes Krankenhaus?

Am 27. September hat das Bundesgesundheitsministerium eine Empfehlung für Tagesbehandlungen im Krankenhaus veröffentlicht. Eine richtige Idee, es wird viel zu viel stationär behandelt. Allerdings springen die Vorschläge zu kurz.

Die Vorschläge des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) sehen vor, Behandlungen wie bisher durchzuführen, nur dann eben zu Hause zu übernachten. Der Vorschlag für die Tagesbehandlung ist aber keine Lösung für die in Deutschland notwendige Ambulantisierung bisher stationär erbrachter Leistungen. Somit ist es kein wirklich großer Schritt, sondern das Korrigieren eines kleinen Schönheitsfehlers. Denn die heute weitgehend ungesteuerte Krankenhausstruktur mit ihrem Überangebot an Betten führt zu einer Reihe von Problemen.

Schlechte Noten für die Krankenhausstruktur

Sie ist zum Einen schlecht für die Patientinnen und Patienten: Denn Krankenhäuser sind aus finanziellen Gründen (oft, weil die Länder ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen) gezwungen, ihre „Erlöse zu optimieren“. Was faktisch unnötig stationäre oder sogar komplett unnötige Behandlungen bedeutet. Darüber hinaus werden Patientinnen und Patienten nicht an spezialisierten Zentren behandelt, womit die Qualität der Behandlung deutlich sinkt.

Die Struktur bringt aber auch Probleme für Ärzte und Ärztinnen sowie Pflegekräfte mit sich: Pro Einwohner hat Deutschland überdurchschnittlich viele Pflegekräfte. Doch diese verteilen sich auf viel zu viele Klinikbetten. Das ist eine Rechnung, die nicht aufgehen kann und so zu deutlicher Überlastung vor allem der Pflegekräfte, aber auch der Ärzte und Ärztinnen, führt.

Zu guter Letzt ist die aktuelle Struktur schlecht für die Beitragszahlenden: Die schon genannten überschüssigen Klinikbetten und Behandlungen verursachen hohe Kosten, die zu ihren Lasten gehen. Darüber hinaus führt die Vergütungssystematik zu hohen Verwaltungsaufwendungen bei Krankenhäusern und Krankenkassen. Wir sprechen also von hohen Kosten und hoher Unzufriedenheit auf beiden Seiten.

Kurzum: Die Zeit für so eine Reform ist jetzt, wir haben schon viel zu lange gewartet!

Keine Pflaster mehr, wir brauchen echte Strukturreformen!

Statt also nur ein Pflaster auf das Problem zu kleben, wie das im Moment mit kleinen Änderungen an der Systematik getan wird, brauchen wir eine kausale Therapie: Eine Krankenhaus-Strukturreform! Diese müsste mehrere Aspekte abdecken:

  • übergreifende Krankenhausplanung: Wir müssen weg von „organisch gewachsen“ hin zu „sinnvoll geplant“. Dabei braucht es eine klare Trennung der Versorgungsebenen. Die Basis muss die Grundversorgung überall in der Fläche sein. Hier brauchen wir Krankenhäuser, die Notfälle versorgen und eine ambulant-stationäre Basisversorgung sicherstellen. Für schwere und komplexe Erkrankungen benötigen wir zweitens spezialisierte Zentren, die entsprechende Eingriffe routiniert und mit hoher Qualität durchführen können. Nicht jedes Krankenhaus muss alle Behandlungen anbieten! Drittens brauchen wir die Universitätskliniken für die forschende Spitzenmedizin und Lehre.
  • Vernetzung: Ambulante und stationäre Versorgung sollte nach dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ ausgerichtet sein. Wo möglich, sollte gelten: „Digital vor ambulant vor stationär“.
  • Vergütungssystem: Unser DRG-System ist im Vergleich zum Rest der Welt überkompliziert, das Resultat ist ein „Wettrüsten“ zwischen „Kodier-Optimierung“ der Kliniken und Krankenhausrechnungsprüfung der Krankenkassen. Das kostet zu viel Geld, Ressourcen und good will. Wir brauchen Hybrid-DRGs, um perspektivisch die Wahl „stationär oder ambulant“ unabhängig von finanziellen Erwägungen zu machen.
  • Datentransparenz: Wir müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen. Hierfür müssen Datenschutz und Patienteninteressen miteinander in Einklang gebracht werden. Nur so lässt sich Qualität messen, Forschung voranbringen und die individuelle Behandlung jedes einzelnen Patienten optimieren.

Kurzum: Die Zeit für so eine Reform ist jetzt, wir haben schon viel zu lange gewartet!


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1 Kommentar

  • Bernhard, Rita

    Ich bin überzeugt, dass das Vorhaben gut ist; weiter so!
    Grüße RB