Der Herbst und die Erkältungssaison nahen: Eine gute Gelegenheit, die eigene kleine Hausapotheke zu überprüfen, um für die kommenden Monate vorbereitet zu sein. Eine gute Hausapotheke sollte die wichtigsten und am häufigsten benötigten Medikamente für alle Mitglieder des Haushalts umfassen. Wichtig dabei: Die Arzneimittel sollten sicher gelagert werden und nicht in die Hände von Kindern gelangen.
Bei der Überprüfung gilt es, besonders auf die aufgedruckten Verfallsdaten zu achten. Wenn dieses Datum überschritten ist, garantieren die Hersteller nicht mehr für die beabsichtigte Wirkung. Anders als bei vielen Lebensmitteln ist von außen nicht zu erkennen, ob Medikamente noch gut sind. Abgelaufene Medikamente sollten deshalb nicht mehr benutzt werden. Dies gilt insbesondere für angebrochene Säfte, Salben oder Tropfen, die eine Infektionsgefahr darstellen können.
Medikamentenreste runterspülen? Keine gute Idee
Doch was sollte man mit den abgelaufenen Packungen und Fläschchen tun? Immer noch weit verbreitet ist der Glaube, alte Medikamente müsste man in eine Apotheke bringen, damit sie dort fachgerecht entsorgt werden können. Apotheken sind aber seit einigen Jahren nicht mehr verpflichtet, alte Medikamente zurückzunehmen – auch wenn viele das freiwillig weiterhin anbieten. Deutlich näher als die nächste Apotheke liegt der nächste Abfluss. Doch die Reste im Waschbecken oder in der Toilette runterzuspülen, ist keine gute Idee.
Dr. Thomas Track weiß warum. Bei der DECHEMA – Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V. ist er zuständig für den Bereich Wassermanagement und beschäftigt sich dabei unter anderem mit Reinigungsstrategien für Abwasser. Bei der Aufbereitung sollen mehrere Reinigungsstufen verhindern, dass Schadstoffe in die Umwelt gelangen, Ökosysteme schädigen und am Ende auch wieder im Trinkwasser landen. „Spurenstoffe etwa in Form von Medikamentenresten sind dabei eine besondere Herausforderung und erfordern eine aufwändige vierte Reinigungsstufe im Aufbereitungsprozess“, so Track.
Übersicht über die richtige Entsorgung
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat dieses Problem vor einigen Jahren erkannt und im Rahmen der Fördermaßnahme „Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf“ (RiSKWa) bereits von 2011 bis 2016 Lösungsansätze entwickelt, wie der Gesundheits- und Umweltschutz im Wasserkreislauf verbessert werden kann. Track berichtet: „Dabei wurde deutlich, dass falsch entsorgte Medikamentenreste über das Abwasser ein zentraler Ansatzpunkt sind.“
Track nennt diesen Ansatz „Vermeidungsstrategie“. Um die falsche Entsorgung zu vermeiden und damit die Verunreinigungen des Abwassers von vornherein zu reduzieren, braucht es bessere Informationsangebote zum Thema Entsorgung. Innerhalb der Förderung wurde deshalb die Webseite arzneimittelentsorgung.de aufgebaut. Sie gibt anhand der eigenen Postleitzahl einen Überblick über die korrekten Entsorgungswege vor Ort – egal ob über Hausmüll, Schadstoffmobil, Recyclinghöfe oder Apotheken auf freiwilliger Basis. In den meisten Regionen ist der Hausmüll ein guter Weg, alte Medikamente loszuwerden. Das gilt aber nicht überall. In Berlin beispielsweise sollten sie lieber über Schadstoffmobile oder Recyclinghöfe entsorgt werden.
Dr. Thomas Track betreut die Webseite für die DECHEMA. Für ihn ist sie ein großer Erfolg: „Sie ist ein tolles Beispiel, wie aus der Umweltforschung ein so direkter Impact für viele Menschen entsteht.“ Umfragen hätten gezeigt, dass es in der Vergangenheit viele Unklarheiten zur korrekten Entsorgung gab und häufig auch die Toilette oder Spüle genutzt wurde. „Mit der Seite helfen wir jetzt, etwas mehr Klarheit zu schaffen.“
Entsorgung über den Hausmüll
Kinder, Tiere oder andere Personen sollten nicht an die Medikamente kommen können, wenn sie über den Hausmüll entsorgt werden. Die Reste sollten also gut verpackt sein und nicht in der Mülltonne ganz oben liegen. Außerdem gibt es ein paar Sonderfälle zu beachten: Bestimmte Medikamente dürfen nicht über den Hausmüll entsorgt werden. Das gilt etwa für starke Hormonmittel oder Medikamente, die in Krebs- und Chemotherapien eingesetzt werden (Zytostatika). In solchen Fällen finden sich Hinweise zur korrekten Entsorgung auf dem Beipackzettel oder auf der Verpackung.
Schon beim Medikamentenkauf vorausschauen
Eine andere Art der Vermeidungsstrategie ist, die eigenen Medikamentenabfälle grundsätzlich zu reduzieren. Ein zentraler Hebel dabei: die Packungsgröße. Oft reicht wahrscheinlich die kleinere Größe. Das reduziert nicht nur Abfälle, sondern spart auch Kosten. Wer zahlt schon gerne für Dinge, die am Ende ohnehin ungenutzt entsorgt werden?
Es gibt auch Unterschiede zwischen verschiedenen Medikamententypen. Eine Herausforderung sind zum Beispiel Cremes und Salben, die direkt auf der Haut angewendet werden: Die Wirkstoffe können durch das Händewaschen nach dem Auftragen oder später in der Dusche in das Abwasser gelangen. Besonders problematisch ist beispielsweise das Schmerzmittel Diclofenac, das häufig in Schmerzgelen genutzt wird und laut Umweltbundesamt in der Umwelt weit verbreitet ist. Ein Tipp, um das zu reduzieren: Nach dem Auftragen sollte man sich nicht direkt die Hände waschen und die Reste abspülen, sondern sich vorher mit einem Papiertuch die Hände abwischen und das Tuch über den Hausmüll entsorgen.
Die Webseite
Die Seite arzneimittelentsorgung.de gibt es seit 2015. Sie ist im Rahmen der RiSKWa-Fördermaßnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) entstanden und wird durch die DECHEMA gepflegt und aktuell gehalten. Sie bietet für alle Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland einen Überblick über die korrekten Entsorgungswege von Medikamentenresten.