Das Gesundheitswesen ist selbst zum Notfallpatienten geworden. Ineffiziente Strukturen und zu wenig Digitalisierung sorgen für Frust, hinzu kommen steigende Beiträge, die die Versicherten und die Wirtschaft immer stärker belasten. Deutschland hat eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt – trotzdem sind immer mehr Menschen unzufrieden mit der Versorgung. Deshalb ist wichtig, dass das vorhandene Geld zielgerichteter eingesetzt wird.
Seit Jahren steigen die Ausgaben viel stärker als die Einnahmen
Dabei hat sich der finanzielle Notfall der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) lange abgezeichnet. Seit Jahren steigen die Ausgaben viel stärker als die Einnahmen. Nachdem zunächst die Rücklagen der Krankenkassen dazu genutzt wurden die immer größere Lücke zu füllen, sind diese nun aufgebraucht. Deshalb sind die Zusatzbeiträge der Krankenkassen zuletzt so stark gestiegen wie noch nie. In der sozialen Pflegeversicherung (SPV) ergibt sich ein ähnliches Bild.
Die Vorgängerregierungen müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, viel zu wenig gegen die immer stärker steigenden Ausgaben unternommen zu haben. Viele Gesetze haben im Gegenteil diese Entwicklung noch beschleunigt. Deshalb ist es ein wichtiges Zeichen, dass die neue Bunderegierung – und vor allem Bundesgesundheitsministerin Nina Warken – die Probleme klar benennt und die Beiträge stabilisieren will.
Darlehen sind keine Lösung
Die nun vorgesehenen Darlehen – 2025 und 2026 je 2,3 Milliarden Euro für die GKV sowie 500 Millionen Euro 2025 und 1,5 Milliarden Euro 2026 für die SPV – sind für dieses Vorhaben jedoch nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Gelder reichen nicht einmal aus, um die Beiträge kurzfristig zu stabilisieren. Hinzu kommt: Nun erneut über den Bund Schulden aufzunehmen – es gibt nämlich bereits ein Darlehen, das noch zurückgezahlt werden muss – löst das Problem nicht, sondern verschiebt es nur um ein paar Jahre. Und dann kommt ab dem Jahr 2029 zu den ohnehin weiter steigenden Ausgaben noch die Tilgung der Darlehen hinzu. Die Beitragszahlerinnen und -zahler werden also weiter belastet. Was wir stattdessen brauchen, ist eine kurzfristige Dämpfung der Ausgaben, einen fairen Ausgleich versicherungsfremder Leistungen und echte strukturelle Reformen.
Die Vorschläge dazu liegen lange auf dem Tisch. Ein höherer Herstellerabschlag auf Arzneimittel ist angesichts stark steigender Ausgaben in diesem Bereich gerechtfertigt und kurzfristig umsetzbar. Auch die Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel ist überfällig. Ebenso wie die bereits viel diskutierten kostendeckenden Beiträge für Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld. Staatliche Aufgaben müssen – im Gegensatz zu den echten Versicherungsaufgaben – aus Steuergeldern finanziert werden und dürfen nicht nur zulasten der GKV-Beitragszahlerinnen und -zahler gehen.
Bei der Pflegeversicherung müsste der Bund zunächst seine Schulden begleichen. Sie hatte Coronahilfen in Höhe von rund sechs Milliarden Euro ausgelegt. Für diese Notfallmaßnahmen braucht es keine Kommissionen, sondern schnelles Handeln. Dann müssen strukturelle Reformen folgen – bei der stationären und ambulanten Versorgung, eine Notfallreform sowie eine Reform der Preisbildung für Arzneimittel. Die Zeit drängt.