Yvonne Wagner

Virtual Reality – ein Blick in die Zukunft

Eintauchen, abtauchen, untertauchen – der Trend „Virtuelle Realität“ (VR) bewegt sich zwischen Forschung, Erlebnis und Suchtrisiko. Das sind auch die Dimensionen, über die Experten bei der „Cloud Conference 2017“ diskutieren.

Die Hessische Landesstelle für Suchtfragen (HLS) veranstaltet die Fachtagung am 24. August in Frankfurt am Main in Kooperation mit der TK-Landesvertretung Hessen. Einer der Referenten ist Prof. Frank Steinicke von der Universität Hamburg. Am Fachbereich Informatik beschäftigt er sich mit der Interaktion zwischen Mensch und Computer – auf der Cloud Conference spricht er über die Chancen aber auch Risiken und Nebenwirkungen von Virtual Reality. Eine zentrale Frage: Braucht unsere Gesellschaft einen neuen Moralkodex, um mit der neuen Technologie gesund umzugehen? Wir haben Frank Steinicke vorab zum Gespräch gebeten.

Herr Steinicke, warum fühlt es sich für uns so echt an, wenn wir eine VR-Brille aufsetzen?

Auf einer VR-Brille sieht ein Mensch eine computergenerierte virtuelle Umgebung, die auf Bewegungen so reagiert, als wäre sie real. Da unser Gehirn in den letzten 200.000 Jahren nie wirklich lernen musste, zwischen realen und virtuellen Stimuli zu unterscheiden, fühlt es sich auch daher für den Betrachter sehr schnell echt an.

Werden VR-Technologien Ihrer Einschätzung nach in der breiten Gesellschaft ankommen oder bleiben sie ein Trend in der Spielindustrie oder eine Nische in der Forschung?

Ich bin mir sicher, dass diese Technologien nicht mehr verschwinden werden, da sich bereits alle großen Player massiv in diesem Bereich aufstellen, egal ob Apple, Google, Microsoft, Facebook, Sony, Samsung oder HTC. Wenn die Technologie sich weiter so entwickelt, wird die Ära der Smartphones bald vorbei sein und wir werden eine neue Ära der Smartglasses erleben.


Prof. Dr. Frank Steinicke beschäftigt sich an der Universität Hamburg am Fachbereich Informatik mit der Interaktion zwischen Mensch und Computer. In seiner Forschung widmet er sich der menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit mit ihren kognitiven und motorischen Grenzen, um die Interaktion sowie das Erlebnis in computervermittelten Realitäten zu reformieren. Weitere Infos auf den Seiten der Universität Hamburg.


Worauf muss sich eine Gesellschaft einstellen, wenn virtuelle Realität immer mehr Raum im Lebensalltag vieler Menschen einnimmt?

Wir werden sicherlich erleben, dass Menschen einen Großteil ihrer Arbeits- und Privatzeit mit virtuellen und erweiterten Realitäten arbeiten und erleben werden. Schon sehr bald wird sich dabei nicht mehr unterscheiden lassen, welche Objekte real oder virtuell sind. Das führt sehr schnell zu Fragestellungen der Verantwortungsethik.

Welche Herausforderungen ergeben sich für den einzelnen, der diese Technologie zur Entspannung oder als Flucht aus seinem Alltag einsetzt?

Sogenannte Immersive Technologien erlauben das Eintauchen in teilweise oder vollständig generierte virtuelle Welten. Die Herausforderung liegt bei der aktuellen Technologie noch darin, zu erkennen, für welche Anwendungen und Aufgaben man bereit ist, sich die zum Teil noch sehr klobigen Brillen für längere Zeit auf den Kopf zu setzen. Eine besondere Herausforderung liegt natürlich auch auf dem verantwortungsvollen Umgang mit der Technologie im Bereich der Forschung, Entwicklung und Nutzung.

Wo könnten wir VR im Gesundheitswesen einsetzen?

VR hat bereits großes Potenzial im Bereich der Behandlung von Phobien gezeigt. Hier werden beispielsweise in der Konfrontationstherapie Probanden langsam an für sie beängstigende Situationen herangeführt, wie zum Beispiel Spinnen, Höhen oder Menschenmengen. Aber auch im Bereich der Bewegungstherapie oder Telemedizin bietet VR enorme Möglichkeiten und wird sich sicherlich schon sehr bald durchsetzen.

Titelfoto: Sara Lisa Vogl


Weiterführende Informationen:

Infos rund um die Cloud Conference sowie die Möglichkeit zur Akkreditierung für Journalisten finden Sie im Pressecenter der TK.

Mehr zum Forschungsschwerpunkt Human Centered Computing der Uni Hamburg.

Was treibt die TK in Sachen Digitale Gesundheit? Einen Überblick gibt es hier.


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