Nicole Ramcke

„Die zwei Stunden der Ungewissheit waren furchtbar“

Dr. Martin Buchholz erlitt 2015 während eines Urlaubs im Ausland einen Herzinfarkt. Fernab vom nächsten Krankenhaus. Daraufhin gründete er den Verein „Ich kann Leben retten!“. Warum schon Grundschulkinder Lebensretter werden sollten, verrät er uns im Interview.

Herr Buchholz, Sie wären 2015 beinahe selber an einem Herzinfarkt gestorben. Was ist damals genau passiert?

Meine Frau und ich waren in Myanmar im Urlaub. Abends im Hotel spürte ich heftige Schmerzen in der Brust, bekam keine Luft mehr. Als Arzt weiß ich, dass dies sichere Symptome eines Herzinfarkts sind. Zusammen mit meiner Frau und einem Hotelangestellten sind wir dann nachts zwei Stunden durch die Berge zum nächsten Krankenhaus gefahren. Dort wurde mir endlich geholfen. Aber diese zwei Stunden der Ungewissheit waren für alle Beteiligten furchtbar. Bei einem plötzlichen Herzstillstand hätte ich sterben können.

Welche Konsequenzen haben Sie aus diesem Erlebnis gezogen?

Im Anschluss habe ich viel mit Freunden und Familie darüber gesprochen. Und alle haben gesagt: Ich hätte in der Situation auch nicht gewusst, was zu tun ist. Das bestätigen auch die Zahlen – nur 20 Prozent der Menschen in Deutschland haben den Mut, in Notsituationen auch zu helfen. Das müssen wir ändern! Bei akutem Herzversagen zählt jede Minute. Daraufhin habe ich dann den ersten Kurs organisiert und den Verein gegründet.

Bereits mehr als 15.500 Schülerinnen und Schüler haben bei Ihnen die Herzdruckmassage gelernt. Warum legen Sie mit ihren Kursen einen Schwerpunkt auf Schulen?

Skandinavien ist unser großes Vorbild. Dort beherrschen 80 Prozent der Menschen die sogenannte Laienreanimation. In Deutschland sind es nur knapp 40 Prozent. Das liegt unter anderem auch daran, dass in Skandinavien bereits Grundschüler verpflichtend diese Herzretter-Kurse absolvieren. In jährlichen Abständen werden diese Kurse wiederholt, bis hin in die Unternehmen.

Ihre Herzretter-Kurse werden ausschließlich von speziell ausgebildeten Schauspielern angeleitet. Warum?

Schauspieler begeistern! Man muss Spaß haben, wenn man lernt. Dann bleibt das Gelernte auch haften. Das kommt bei den Kindern gut an. Fast alle, die einen Kurs gemacht haben, sagen: „Ich fühle mich jetzt sicher.“

Was wollen Sie noch erreichen?

Unser Ziel ist, dass es für die Menschen in Deutschland selbstverständlich wird, im Notfall handlungsfähig zu sein. Dazu brauchen wir auch Unterstützung vom Staat – auch in finanzieller Hinsicht. Zurzeit finanzieren wir unsere Schülerkurse ausschließlich auf Spendenbasis. Herzretter-Kurse sollten vor allem für Schüler und Jugendliche kostenfrei sein. Ich wünsche mir, dass der Staat die Relevanz dieses Thema erkennt und auch entsprechend handelt.


Dr. med. Martin Buchholz ist ausgebildeter Facharzt für Orthopädie und Chirurgie. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, das leicht zu erlernende Notfallwissen möglichst vielen Kindern und Erwachsenen auf den Lebensweg zu geben. Sein Verein „Ich kann Leben retten!“ freut sich über jede Spende.



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