Jessica Kneißler

Neu für TK-Versicherte: VR-Therapie bei Angststörungen

Die TK bietet ab sofort eine digitale Therapie gegen Angststörung an. Mit dem Programm „Invirto“ können Teilnehmer via App und Virtual-Reality-Brille teilnehmen.

Die Fahrt im Aufzug, große Menschenansammlungen: Für viele sind solche Situationen unangenehm. Für manche nicht zu ertragen. Studien zufolge leiden zehn Millionen Menschen in Deutschland im Verlauf eines Jahres an einer Angststörung. Deshalb fördert die TK nun ein innovatives Behandlungskonzept. Dieses bietet Betroffenen ohne lange Wartezeiten schnellen Zugang  zu einer hochwertigen Psychotherapie.

„Viele Betroffene wollen sehr gerne ein digitales Angebot nutzen“

Dafür hat die TK einen Vertrag mit dem Hamburger Start-up Sympatient geschlossen. „Für viele Patienten sind psychische Probleme immer noch ein Tabuthema. Bei der Arbeit in der Klinik hat sich gezeigt: Viele Betroffene wollen sehr gerne ein digitales Angebot nutzen, mit dem sie selbst an ihrem Problem arbeiten können“, sagt Christian Angern. Er ist einer der drei Sympatient-Gründer.

Die Therapie startet in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel und Lübeck. Wir haben mit Dr. Bartosz Zurowski, Oberarzt und Leiter des Bereichs Angst- und Zwangsstörungen am UKSH-Campus in Lübeck, über das Krankheitsbild und die Erwartungen an die neue Therapie gesprochen.

Herr Zurowski, welche Formen der Angststörungen gibt es und wie äußern sich diese?

In Deutschland leiden rund zehn Millionen Menschen unter einer Angststörung. Arachnophobie, die Angst vor Spinnen, oder Flugangst sind den meisten ein Begriff. Diese stehen hier jedoch nicht im Fokus. Gravierender sind die Folgen bei den klinisch bedeutsamen Störungen. Diese machen mehr als die Hälfte der Fälle aus. Dazu zählen die Agoraphobie, bei der sich Betroffene in großen Menschenmengen oder an bestimmten Orten unwohl fühlen. Oder soziale Phobien, bei der Patienten Angst davor haben, in sozialen Situationen im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Und Panikstörungen gehören dazu.

Vor welche Probleme stellt das Krankheitsbild die Betroffenen?

Psychiater Dr. Bartosz Zurowski vom UKSH

Am Anfang äußern sich Angststörungen oft durch sehr diffuse Symptome wie Schweißausbrüche, Herzklopfen oder Übelkeit. Die Betroffenen stehen unter permanenter Anspannung. Im weiteren Verlauf können Berufstätigkeit oder Teilhabe am gesellschaftlichen Leben stark eingeschränkt oder schlicht nicht mehr möglich sein. Ich kenne einen Fall, bei dem der Patient 27 Jahre lang seine Wohnung nicht verlassen hat. Die gute Nachricht: Angststörungen sind in der Regel sehr gut zu behandeln. Allerdings muss man sich bei der herkömmlichen Therapie auf lange Wartezeiten einstellen. Oft von mehreren Monaten. Dabei ist es wichtig, dass Angstpatienten möglichst frühzeitig und niederschwellig ihre Störung bearbeiten können. Sonst kann sich die Krankheit chronifizieren.

Was kann „Invirto“ als Therapieform leisten?

Invirto ermöglicht als digitalbasierte Therapie einen einfacheren Einstieg in die Therapie. Jeder Patient kann mit der App selbst entscheiden, wann und wo er die Übungen macht. Am Anfang steht trotzdem eine umfassende psychotherapeutische Diagnostik. Dann bekommt der Patient die Virtual-Reality-Brille nach Hause geschickt. Mit dieser werden Situationen wie beispielsweise eine U-Bahn-Fahrt oder der Einkauf im Supermarkt simuliert.

Es ist ein wichtiger Teil der Therapie, dass der Patient sich den Angst auslösenden Situationen aussetzt. Dabei ist das körperliche Erlebnis in der virtuellen Realität dasselbe wie im realen Leben.

Es ist ein wichtiger Teil der Therapie, dass der Patient sich den Angst auslösenden Situationen aussetzt. Dabei ist das körperliche Erlebnis in der virtuellen Realität dasselbe wie im realen Leben. Die Erfahrung ist also „echt“. Entscheidend sind die korrigierenden Erlebnisse, die dabei stattfinden. Im Behandlungsverlauf erfasst die App regelmäßig die psychische Stimmung der Teilnehmer anhand eines Fragenkatalogs. Auch in schwierigen Phasen haben die Patienten so Hilfe direkt verfügbar. Sie können die Lerninhalte jederzeit noch einmal in Erinnerung rufen.
Während der Therapie wird der Patient von einem Psychotherapeuten des UKSH aus der Ferne begleitet. Damit spart sich der Patient zum einen Wartezeiten und Anfahrten. Zum anderen ist therapeutische Unterstützung jederzeit verfügbar. Es wird höchste Zeit, dass wir diese neuen digitalen Techniken endlich in der ambulanten Versorgung einsetzen.

Start-up Sympatient - Infos für Versicherte

Das 2017 aus einer klinischen Pilotstudie am UKSH heraus gegründete Unternehmen Sympatient hat seinen Sitz in Hamburg. Das 9-köpfige Team wird finanziell von der Hansestadt Hamburg gefördert. Gründer sind Christian Angern, Julian Angern und Benedikt Reinke. Invirto ist die weltweit erste digitale Psychotherapie gegen Angststörungen für Zuhause. Dafür hat Sympatient acht Stunden Schulungsmaterial und fast vier Stunden VR-Bildmaterial für sieben verschiedene Angstszenen erstellt. Damit bilden sie die häufigsten Angst auslösenden Situationen ab.

Für die Teilnahme an der neuen Therapie können TK-Versicherte bei der Invirto-Terminkoordination unter der Telefonnummer 040 – 30 92 47 13 einen Termin vereinbaren.


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