Viele Akteure, ein gemeinsames Ziel
Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser, Krankenkassen, Pharmaindustrie, Wissenschaft, Politik und NGOs kamen auf Einladung des Centre for Planetary Health Policy (CPHP) und der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. (KLUG) im Umweltforum in Berlin und digital zusammen. Mit verschiedenen Perspektiven ging es um ein gemeinsames Ziel: Neue Ideen für eine planetar-gesunde Zukunft zu entwickeln und (politische) Maßnahmen zu diskutieren. Denn: Die Folgen ökologischer Krisen verstärken gesundheitliche und soziale Krisen – das betrifft zum Beispiel Hitze, Infektionskrankheiten, mentale Gesundheit oder Migrationsbewegungen. Somit ist auch das Gesundheitswesen vom Klimawandel betroffen. Durch unser individuelles Verhalten lässt sich mancher “Co-Benefit” für Planet und Gesundheit erzielen – sei es bei der Ernährung, der Mobilität oder der Wahl der Energieträger. Aber reicht das?
Die Herausforderung ist gewaltig und braucht vereinte Kräfte und Bündnisse aller Akteure im Gesundheitswesen – und darüber hinaus. Nur wie? Zum einen sind zahllose „kleine Würfe“ wichtig, um loszulegen. Doch erst ein „großer Wurf“, also systemische Lösungen, kann nachhaltige Veränderungen im Gesundheitswesen – im wahrsten Sinne des Wortes – entscheidend vorantreiben.
Fürs Müssen fehlen feste Regelungen – fürs Dürfen ist der Handlungsspielraum nicht klar genug
Nachhaltigkeit verlangt von der GKV jedoch derzeit viel Eigeninitiative in einem eingeschränkten Handlungsspielraum. Denn systemische und rechtliche Lösungen fehlen für gesetzliche Krankenkassen bislang: Weder im Sozialgesetzbuch noch in weiteren relevanten Gesetzen, etwa dem Bundesklimaschutzgesetz, wird nachhaltiges Handeln direkt von ihnen gefordert.
Dazu aufgefordert, Nachhaltigkeitserwägungen zu berücksichtigen, sind Krankenkassen aber schon – nur ist bislang unklar, in welchem Umfang. Ganz praktisch bedeutet das beispielsweise: Bei der Beschaffung besteht Unsicherheit, ob und wie viel mehr die nachhaltige Variante eines Produkts kosten darf, sodass das Wirtschaftlichkeitsgebot der GKV erfüllt bleibt und die Beitragsgelder der Versicherten sorgsam verwaltet werden.
Krankenkassen brauchen rechtliche Klarheit darin, was sie nachhaltig tun müssen und dürfen.
Dr. Sarah Elena Windolph-Lübben
Mut zur Chance „Nachhaltigkeit“
Daher befinden sich Krankenkassen aktuell in der unklaren Position, nicht zu wissen, was sie in Sachen Nachhaltigkeit überhaupt dürfen. Im Moment braucht es Mut, den Handlungsspielraum selbst zu testen. Ob das zu einem Umdenken im System führt, wie es auf dem Planetary Health Forum im kleinen Rahmen “in der Luft lag”, bleibt abzuwarten.
Ich bin aber überzeugt: Krankenkassen brauchen rechtliche Klarheit darin, was sie nachhaltig tun müssen und dürfen. Die Integration des Themas in das Sozialgesetzbuch wäre ein wichtiger Schritt in Richtung eines klaren, rechtlichen Rahmens – und ein großer Hebel, um Nachhaltigkeit zur Chance zu machen: für den Planeten, unser aller Gesundheit und auch die gesetzliche Krankenversicherung.
Fotocredits
Titelfoto: CPHP / Ben Mangelsdorf
Bild 1: Sarah Windolph-Lübben / TK
Bild 2: CPHP / Ben Mangelsdorf