Recycelte Autobatterien, die die Sonnenenergie speichern, Energie aus Biogas und die größte Elektroladestation Deutschlands: Der EUREF-Campus ist lebender Beweis für Nachhaltigkeit. Bereits 2014 hat er das damalige CO2-Klimaschutzziel der Bundesregierung für das Jahr 2050 erreicht. Es gäbe also kaum einen geeigneteren Ort für die WeACT Con, einer Konferenz für Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen.
Von Klimaangst, Flugscham und Nachrichtenschock
Viele der Auswirkungen des Klimawandels auf den Körper sind bekannt. Dr. Andrea Benecke von der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) nahm in ihrem Impulsvortrag die psychischen Implikationen in den Blick – ökologische und soziale Krisen zu erleben, gehe schließlich nicht spurlos am Menschen vorbei. Insbesondere Extremwetterereignisse, wie die Flutkatastrophe im Ahrtal, lösten Angst und Panik aus. Solche klimabezogenen Gefühle seien zwar nicht per se pathologisch, aber eine ernstzunehmende Reaktion auf reale Bedrohungen oder Erfahrungen. Dafür müssen wir einen guten Umgang finden. Für Dr. Benecke heißt das: Kein „Augen zu und durch“, sondern individuelle Selbstwirksamkeitsstrategien finden.
Gesundheitsversorgung wird es immer geben. Deshalb müssen wir diese so nachhaltig wie möglich gestalten.
Thomas Ballast, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der TK
Krankenkassen können viel bewegen
Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der TK, Thomas Ballast, stellte im Krankenkassensymposium die Initiativen der TK für ein nachhaltiges Gesundheitswesen vor, zum Beispiel das Qualitätssiegel “Nachhaltige Praxis”. Mit seinen Diskussionspartnerinnen, den Vorständinnen Andrea Galle von der meine Krankenkasse (mkk) und Dr. Gertrud Demmler von der Siemens-Betriebskrankenkasse (SBK) war er sich einig: Allein durch ihr Aufgabenfeld können Krankenkassen viel bewirken – im eigenen Betrieb und in der Versorgung. Doch um dieses Potenzial vollends entfalten zu können, ist ein klarer rechtlicher Rahmen nötig. Aktuell ist der Handlungsspielraum für die GKV noch begrenzt.
Ein wichtiger Hebel ist Prävention, also Krankheiten grundsätzlich vorzubeugen. Damit ließe sich das Ressourcenproblem des Gesundheitswesens, was sowohl die Umwelt als auch die Faktoren Mensch und Finanzen angeht, zumindest teilweise an der Wurzel packen. Thomas Ballast betonte jedoch: „Gesundheitsversorgung wird es immer geben. Deshalb müssen wir diese so nachhaltig wie möglich gestalten.“ Das bedeutet: Gesundheitsdienstleistungen auf das Notwendige zu reduzieren und die CO2-Emissionen von Arztpraxen, Krankenhäusern oder Arzneimitteln selbst zu verringern. „Nachhaltig versorgen heißt nicht zwangsläufig, teuer zu versorgen. Im Gegenteil: Nachhaltigkeit kann auf lange Sicht sogar Kosten sparen“, so Ballast. Das gilt spätestens dann, wenn man sich vor Augen führt, was der Klimawandel an Folgekosten für Gesundheitswesen und Gesellschaft mit sich bringen kann.
Nachhaltigkeit ist fantastisch – aber noch nicht spürbar genug
Kerstin Blum, von der Stiftung Gesunde Erde Gesunde Menschen, und Maike Voss, vom Centre for Planetary Health Policy, sprachen in einem gemeinsamen Impuls über die Kommunikation zum Klimawandel. Immer dann, wenn konkrete Lösungsvorschläge diskutiert werden, verändere sich auch der Diskurs: Und so ist auch beim Thema Klimawandel eine deutliche Verschärfung zu spüren. Zu oft dominieren Weltuntergangsszenarien oder der erhobene Zeigefinger, die jedoch eher Reaktanz, also inneren Widerstand, statt Tatendrang auslösen. Kerstin Blum vermutet, dass „Nachhaltigkeit“ nicht genug an menschliche Emotionen anknüpft, um für gesellschaftliche Veränderung zu motivieren. Das Konzept der „Planetaren Gesundheit“ sei hingegen ein verbindendes Narrativ: Die menschliche Gesundheit ist unauflöslich mit der Gesundheit der Erde verbunden. Das bedeutet für die Kommunikation: Auch mal die Chancen und Möglichkeiten in den Vordergrund zu rücken, die mit Klimaschutz in Verbindung stehen – zum Beispiel eine gesündere Welt, gesündere Menschen oder ein effizienteres und innovatives Gesundheitssystem.
Ein Weg zwischen Ideen und systemischen Fragen
Wie geht es nun weiter? Welche Ansätze nimmt jede und jeder in den persönlichen Arbeitsalltag mit? Im Abschlusspanel der WeACT Con sprach Thomas Ballast über die praktische Umsetzung von Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen. Dabei wurde vor allem ein Punkt kontrovers diskutiert: Die Wirksamkeit der Maßnahmen einzelner Player des Gesundheitswesens versus die oft gleichen, großen systemischen Fragen. Für Thomas Ballast steht jedoch fest: „Auch wenn die Herausforderung groß ist: Die Ideen und den Tatendrang des heutigen Tags können wir für eine kraftvolle Veränderung nutzen.“