„Durch ihre Fachkenntnisse und ihre freundliche Art trägt sie maßgeblich zur positiven Arbeitsatmosphäre bei und verbreitet gute Laune bei Kolleginnen und Kollegen und Bewohnerinnen und Bewohnern gleichermaßen.“ So beschreibt ihr Team die 38-jährige Philippinerin in ihrer Nominierungsgeschichte und lobt außerdem ihre integrative und vielseitige Persönlichkeit.
Und das scheint nicht übertrieben: Denn Edith Jenifer Suan singt nicht nur, sondern produziert mit einem Freund ihre eigene Musik. Sie investiert nicht nur, sondern plant gleich ein kleines „Business“ damit aufzubauen. Sie arbeitet nicht nur daran, sich selbst in der neuen Heimat zurechtzufinden, sondern unterstützt andere Fachkräfte aus den Philippinen dabei, in Deutschland anzukommen. Vor allem aber ist sie mit Leib und Seele Pflegerin im AWO-Seniorenzentrum Hanauerland in Baden-Württemberg. Da ist sie nicht nur ausgesprochen beliebt, sondern jetzt auch ausgezeichnet.
Von den Philippinen über Japan und Köln nach Freistett
„Ich wurde großartig aufgenommen, werde immer unterstützt und fühle mich hier sehr wohl“, erklärt Edith Jenifer Suan. Die Pflege ist für sie Berufung: Sowohl ihre Mutter als auch ihre Tante waren Krankenschwestern und weckten früh in ihr den Wunsch, in gleicher Weise anderen Menschen helfen zu können. Deshalb hat sie in ihrer Heimat ein vierjähriges Studium zur Pflegefachkraft abgeschlossen. Aber was hierzulande schwer vorstellbar ist: Sie wurde auf den Philippinen nicht gebraucht.
So ging sie 2017 nach Japan, wo sie als Nachhilfelehrerin und Sängerin arbeitete, und von Freunden davon erfuhr, dass in Deutschland Pflegekräfte dringend gesucht werden. „Deutsch ist schwer, aber ich liebe Herausforderungen“, sagt Suan. Wieder auf den Philippinen meldete sie sich bei einer Vermittlungsagentur an und erreichte innerhalb weniger Monate den notwendigen Sprachlevel.
Ihre erste Station führte sie 2019 in ein Pflegeheim in Köln, wo sie die Anerkennung als Pflegefachkraft erhielt. Ins AWO-Haus in Freistett wechselt sie im Mai 2020. „Hier wurde mir so ein herzlicher Empfang bereitet, eine Wohnung zur Verfügung gestellt und die Einarbeitung begleitet“, betont die Pflegerin. Sie weiß aber auch, dass das nicht überall so ist. Deshalb engagiert sie sich bei der Philippine Nurses Association Germany e.V., dem Berufsverband für Pflegefachkräfte mit philippinischen Wurzeln in Deutschland. „Ich will mit meiner Erfahrung und positiven Lebenseinstellung anderen das Ankommen erleichtern und sie bei Problemen unterstützen“, erklärt Suan ihre Motivation.
„Ich kann in meinem Traumberuf arbeiten“
Sie ist dankbar für die Möglichkeiten, die sich ihr durch den Neuanfang im ehemals fremden Land bieten: „Ich kann in meinem Traumberuf arbeiten, werde gut bezahlt und bekomme so viel Wertschätzung“. Doch sie bleibt nicht stehen, hat sich erfolgreich zur Wundmanagerin weiterbilden lassen, damit sie ihre Arbeit noch besser machen kann. Außerdem ist sie schnell in eine eigene Wohnung umgezogen, hat den Führerschein gemacht und sich ein Auto geleistet. „Meine Freunde und Kontakte sind über das ganze Land verstreut, da muss ich mobil sein“, lacht sie.
Keine weiten Wege muss sie zurücklegen, um ihrem liebsten Hobby nachzugehen: Ihre selbstgeschriebenen Songs nimmt sie in ihrem kleinen Heimstudio auf. Unter dem Künstlernamen Obryzi veröffentlicht sie gemeinsam mit einem Bandpartner ihre Musik bei Spotify. „Das Singen ist für mich der perfekte Ausgleich. Wenn ich singe, kann ich den Alltagsstress einfach hinter mir lassen“, erklärt die Preisträgerin.
Ein positiver Blick auf die Pflege
Wobei sie die Arbeit im Seniorenzentrum nicht als Stressfaktor empfindet. „Das, was ich hier mache, bringt mir Freude. Ich darf anderen Menschen helfen in einer Art und Weise, wie es andere nicht dürfen“, sagt Suan. Das sei ein großartiges Gefühl und gebe ihrem Leben Bedeutung. „Der Beruf ist nicht immer einfach, aber wenn man sich dafür entscheidet, wird man belohnt“, betont sie. Es werde so viel Negatives berichtet über die Pflege und den Personalmangel. Sie erlebe aber täglich Anerkennung und Dankbarkeit beim Umgang mit den alten Menschen, denen sie mit Respekt begegnet: „Sie haben so viel geleistet und spannende Geschichten zu erzählen.“
Wie sie es schafft, auch unter Zeitdruck das Positive zu sehen und andere mit ihrer Fröhlichkeit anzustecken? „Ich glaube daran, dass man sich dafür entscheiden kann, glücklich zu sein. Dass gute Dinge, die man sich wünscht oder sich vorstellt, auch eintreten“, erklärt die Philippinerin ihre Überzeugung. Bisher sei sie damit gut gefahren. Allerdings arbeitet sie auch viel dafür, ihre Träume zu verwirklichen: „In Deutschland kann man viel schaffen, wenn man es will.“ So wie Edith Jenifer Suan – eine Pflegerin mit Herz und Mut, die weiß, was sie will und was andere brauchen.
Mit dem Preisgeld von 3.000 Euro, das sie als Zweitplatzierte erhält, wird sie zum ersten Mal in ihr Geburtsland zurückkehren, seit sie 2019 ausgewandert ist. „Auch wenn es heutzutage einfacher ist, den Kontakt zur Familie virtuell zu halten, freue ich mich sehr auf das Wiedersehen“, so Suan. Doch klar ist auch: Nach dem Urlaub möchte sie in ihre Wahlheimat in der Ortenau zurückkehren. Sie hofft, dass sie bald einen positiven Bescheid zu ihrem Einbürgerungsantrag bekommt, damit sie langfristig ihr Umfeld mit ihrer herzlichen und fröhlichen Art begeistern kann.
Die Auszeichnung
Die Initiative „Herz & Mut“ zeichnet seit 2017 besondere Leistungen in der Pflege mit dem Preis „PflegerIn des Jahres“ aus. Mehr Informationen zur Auszeichnung gibt es auf der Seite der Initiative. Auf dem WirTechniker-Blog stellen wir die drei ausgezeichneten Pfleger:innen des Jahres 2024 vor.