„Natürlich steigen die Kosten im Gesundheitssystem – wir werden ja auch immer älter!“ Immer, wenn von steigenden Kosten in der Gesundheitsversorgung die Rede ist, kommt von der Politik dieses Argument. Selbstverständlich kann niemand etwas dagegen haben, dass wir aufgrund des medizinischen Fortschritts immer länger leben. Und natürlich liegt die demografische Entwicklung auch außerhalb der Beeinflussbarkeit der Politik (zumindest kurzfristig).
Das heißt in der Konsequenz, dass Kostensteigerungen für Gesundheit unvermeidlich und eigentlich sogar etwas Positives sind – die Politik kann nichts ausrichten. Kurz: Es ein ist Killerargument – nur leider ist es falsch!
12,8 Milliarden Euro – allein im Jahr 2024
Natürlich steigen durch die demografische Entwicklung die Kosten im Gesundheitssystem. Diese Entwicklung ist allerdings langsam und hat an den jährlichen, mittlerweile dramatischen Ausgabensteigerungen den geringsten Anteil. Einen viel größeren Einfluss haben die allgemeinen Kostensteigerungen und politische Entscheidungen und neue Gesetze, auch wenn das gerne unter den Tisch gekehrt wird.
Wir in der TK haben uns einmal die Gesetze der letzten Jahre angeschaut und ihre Finanzwirkung aufaddiert. Und das führt zu erschreckenden Zahlen: Für alle GKV-Gesetze, die seit 2016 verabschiedet wurden, zahlten die Versicherten allein im Jahr 2024 12,8 Milliarden Euro. Wohlgemerkt: nicht seit 2016, sondern allein im Jahr 2024. Im Jahr 2023 lagen diese Kosten noch bei 11 Milliarden Euro. Aufaddiert nähern sich die Kosten dieser Gesetze seit ihrem Inkrafttreten unaufhaltsam der Schwelle von 100 Milliarden Euro.
Die Gesetze sind eine bunte Mischung aus durchaus Sinnvollem, aus politischem Populismus, der Bedienung von Partikularinteressen oder nicht zu Ende gedachten Ansätzen.
Was haben die Versicherten für diese gigantische Summe bekommen? Ist die Versorgung jetzt deutlich besser als sie es 2016 war? Ich würde sagen: eher nein. Die Gesetze sind eine bunte Mischung aus durchaus Sinnvollem, aus politischem Populismus, der Bedienung von Partikularinteressen oder nicht zu Ende gedachten Ansätzen. Im Englischen würde man sagen: „Not enough bang for the buck.“
Das muss endlich aufhören! Die Krankenkassenbeiträge nähern sich der 20-Prozent-Schwelle und viele privat Versicherte müssen deutlich mehr bezahlen, teilweise wird ihr Beitrag um mehr als 100 Euro im Monat erhöht. Das kann nicht unendlich so weitergehen.
Unnötige Behandlungen vermeiden und das Potenzial der Digitalisierung nutzen
Jedes neue Gesetz muss kritisch überprüft werden: Sind die Kosten auch wirklich durch eine verbesserte Versorgung gerechtfertigt? Oder wie wäre es einmal mit Gesetzen, die die Kosten senken und gleichzeitig die Versorgung verbessern? Möglichkeiten gibt es viele: Gesetze, die Doppel- und unnötige Untersuchungen und Behandlungen vermeiden, Gesetze, die Bürokratie abbauen, Gesetze, die das Potential der Digitalisierung heben oder Gesetze, die Krankheit durch gezielte Prävention vermeiden.
Ja, solche Gesetze sind oft schwieriger gegen Interessengruppe durchzusetzen als das Verteilen von Wohltaten mit der Gießkanne, aber sie sind notwendig, wenn wir nicht immer mehr Krankenversicherungsbeiträge bezahlen wollen oder irgendwann in einer Diskussion über Leistungseinschränkungen enden wollen. Eine bezahlbare, gute Gesundheitsversorgung ist einer der wesentlichen Pfeiler einer stabilen Demokratie, das sollte die Politik unbedingt im Blick behalten.