Sophie Otto-Knapp

„Die Auswirkungen des Klimawandels sind in der Baubranche besonders spürbar”

Der TK-Gesundheitsreport 2025 zeigt: Vor allem, wer im Freien und schwer körperlich arbeitet, spürt die Folgen von Hitze am Arbeitsplatz. Prof. Frank Werner von der BG BAU berichtet über die gesundheitlichen Folgen und mögliche Präventionsmaßnahmen in der Baubranche.

Hitzeaktionspläne, Online-Schulungen, flexible Arbeitszeiten und mehr: Es gibt einige Ansätze in der Baubranche, dem Klimawandel und den steigenden Temperaturen zu begegnen. Professor Frank Werner ist stellvertretener Leiter der Hauptabteilung Prävention bei der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) und spricht im Interview über die Folgen des Klimawandels auf die Branche und wie Unternehmen am besten reagieren.

Prof. Frank Werner, stellv. Leiter der Hauptabteilung Prävention der BG BAU, auf der Pressekonferenz des TK-Gesundheitsreports in Berlin

Wie nehmen Sie die Auswirkungen des Klimawandels bei sich in der Baubranche wahr?

Die Auswirkungen des Klimawandels sind in der Baubranche besonders spürbar, vor allem für die, die draußen arbeiten. Das liegt vor allem an vermehrt auftretenden Hitzetagen. Wenn man 20 bis 25 Jahre zurückblickt, gab es zwar auch Hitzetage und ja, dann war es vielleicht auch mal eine Woche heiß. Heute sind die Hitzeperioden aber viel ausgeprägter und länger. Das wird sowohl von den Beschäftigten als auch von den Unternehmerinnen und Unternehmern wahrgenommen.

Podiumsgäste der Pressekonferenz zum TK-Gesundheitsreport (v.l.n.r.: Dr. Fabian Krapf (IFBG), Dr. Thomas Grobe (aQua-Institut), Prof. Frank Werner (BG BAU), Inga Laboga (TK), Dr. Jens Baas (TK))

Welche Gesundheitsrisiken beobachten Sie bei den Beschäftigten, die durch extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen verstärkt werden?

Viele Beschäftigte leiden unter den hohen Temperaturen und sind dadurch in ihrer Leistungsfähigkeit erheblich eingeschränkt. Die Hitze belastet das Herz-Kreislauf-System stark. Es gibt ein deutlich erhöhtes Risiko, dass sich bestehende Herz-Kreislauf-Beschwerden verschlimmern oder durch die Hitze akut werden. Und eine sehr traurige Wahrheit ist, dass es bei der Arbeit draußen auch immer wieder zu Kreislaufzusammenbrüchen und sogar zu Todesfällen aufgrund von Hitze kommt.

Ein Ergebnis des TK-Gesundheitsreports ist, dass 60 Prozent der Beschäftigten angeben, Auswirkungen des Klimawandels auf ihren Job zu spüren. Aber nur 40 Prozent der Arbeitgeber beobachten gesundheitliche Folgen des Klimawandels bei ihren Mitarbeitenden. Woher kommt dieser Unterschied?

Die Unternehmerinnen und Unternehmer arbeiten vornehmlich im Büro. Dadurch nehmen sie die Hitze während der Arbeit anders wahr als die Beschäftigten auf den Baustellen. Das Gefühl bei harter körperlicher Arbeit unter extremen Hitzebedingungen ist deutlich intensiver, als die alleinige Wahrnehmung der Hitze. Deshalb ist ein enger Austausch zwischen den Arbeitgebern und den Beschäftigten sehr wichtig, um gemeinsam gute Praxislösungen zu finden. Es liegt also nicht daran, dass sie es nicht wollen, sondern an einem anderen Fokus und einer anderen Sicht, die aus ihren eigenen Erfahrungen resultiert.

Was können Arbeitgeber tun, um ihre Beschäftigten vor Extremwetterereignissen zu schützen bzw. sich darauf vorzubereiten?

Ein ganz wichtiger Aspekt ist aus meiner Sicht die Sensibilisierung: Was sind Symptome von Hitzeerkrankungen und was ist zu tun? Unsere Erste-Hilfe-Karte für Hitzeerkrankungen kann helfen. Wenn alle Beschäftigten wissen, dass bei Hitzesymptomen, wie zum Beispiel Schwindel oder starken Kopfschmerzen sofort der Rettungsdienst zu rufen ist, haben wir viel erreicht. Zudem sollten wir proaktiv darüber nachdenken, wie die Arbeitszeit in den Hitzeperioden anders gestaltet werden kann, wie es in südeuropäischen Ländern üblich ist, wo zur Mittagszeit nicht gearbeitet wird. Ein frühzeitiger Dialog zwischen Beschäftigten und Unternehmen ist entscheidend, denn gerade die Beschäftigten selbst haben oft einen klaren Blick auf denkbare Lösungen.

Als BG BAU unterstützen Sie ihre Mitglieder auch konkret in der Prävention und Aufklärung zum Thema Auswirkungen des Klimawandels. Was genau bieten Sie an?

Auf der Webseite der BG BAU sind eine umfassende Themenseite zu Hitze und UV-Schutz sowie kostenlose Hitzeaktionspläne als Checklisten für Outdoor- und Indoor-Baustellen zu finden. Ein wichtiges Anliegen ist es auch, die Beschäftigten jährlich zu unseren UV-Schutzpaketen zu sensibilisieren, die kostenlos erhältlich sind. Zudem bieten wir spezielle Online-Seminare und Hitzeaktionstage an, um wichtige Informationen bereitzustellen.

Last but not least unterstützen wir Unternehmen mit Arbeitsschutzprämien bei der Beschaffung von hitze- und UV-schutztechnischer Ausrüstung, wie Warnshirts mit UV-Schutz oder Kühlwesten. Wir nehmen ganz klar wahr: Gerade in den letzten zehn Jahren ist das Thema Hitze und UV-Schutz in den Unternehmen und bei den Beschäftigten angekommen. Besonders die junge Generation ist stark sensibilisiert.



Lesen Sie hier weiter

Gesundheitsreport: Macht das Klima krank? Sophie Sophie Otto-Knapp
Aufklärung durch den KI-Avatar Johanna Küther Johanna Küther
Nachhaltigkeit in der TK Dr. Sarah Elena Windolph-Lübben Dr. Sarah Elena Windolph-Lübben

Kommentieren Sie diesen Artikel

Lädt. Bitte warten...

Der Kommentar konnte nicht gespeichert werden. Bitte überprüfen Sie Ihre Eingaben.