Jannik Maczey

KI im Gesundheitswesen: Wo stehen wir?

Bei der IFA und beim Big Bang Festival war das Thema Künstliche Intelligenz allgegenwärtig. Was heißt das für das Gesundheitswesen? Um das herauszufinden, war die TK auf der Elektronik- und Unterhaltungsmesse und beim KI-Festival dabei.

„Innovation for All“: Das ist seit diesem Jahr der Slogan der Technikmesse IFA. Zwischen großen Fernsehern, KI-unterstützen Backöfen und neuen Smartphones war erstmals auch die TK dabei. Aber Moment: eine Krankenkasse auf der weltweit größten Messe für Unterhaltungstechnik und Haushaltsgeräte?

Dr. Jens Baas im Gespräch mit Dirk General-Kuchel

Im Gespräch mit Dirk General-Kuchel, Chefredakteur der Computer Bild, konnte TK-Chef Dr. Jens Baas das erklären: „Das Gesundheitssystem in sich ist ziemlich chaotisch. Wenn es ein Unternehmen wäre, müsste man den CEO rausschmeißen.“ Digitalisierung könne ein Hebel sein, um das System neu zu denken und besser zu organisieren. Viele Lösungen, die auf der IFA zu sehen seien, ließen sich gut auf das Gesundheitswesen übertragen. Deswegen sei der Austausch auch außerhalb der klassischen Gesundheitsblase so wertvoll.

Roboter für alle Lebenslagen

Digitale Lösungen für die großen und kleinen Probleme des Alltags gab es auf dem Messegelände reichlich zu sehen. Immer mit dabei: Künstliche Intelligenz. Ganz egal ob Kühlschrank, Backofen oder Brillen, es gab kaum Produkte ohne KI. Besonders viel Raum in den IFA-Hallen nahmen in diesem Jahr KI-unterstütze Roboter ein. Es gibt sie unter anderem als Hunde, als Fensterputzer, als Rasenmäher oder als treppensteigende Saug- und Wischroboter. Noch schneller als diese neuen Roboter Treppen steigen, sind in den letzten Jahren aber die GKV-Beiträge gestiegen. Kann KI hier auch die Lösung sein? Nein, sagt Baas, „höchstens ein Baustein im Rahmen eines größeren Systemumbaus“. Aber die (größtenteils KI-freien) Lösungen, um die GKV-Finanzen in den Griff zu bekommen liegen schon lange auf dem Tisch.

Immer wieder Thema bei der IFA waren in diesem Jahr Sprache und Kommunikation. Das zeigte sich zum Beispiel bei smarten Brillen oder kleinen In-Ear-Kopfhörern, die Gespräche simultan übersetzen können. Auch persönliche KI-Avatare, die mit der eigenen Stimme flüssig in der Sprache der Wahl sprechen können, werden immer präsenter. Wie diese Technologien sich sinnvoll im Gesundheitswesen nutzen lassen, zeigt der KI-Avatar von Dermatologin und Miss Germany Valentina Busik, den wir vor kurzem hier auf dem Blog vorgestellt haben.

KI statt Hausarzt?

Am nächsten Tag ging es vom Westen Berlins in das historische Zentrum der Stadt: Das „Big Bang KI Festival“ fand in diesem Jahr in der Alten Münze in der Nähe des Roten Rathauses statt – ein spannender Kontrast aus Zukunftsvisionen und altem Charme in der ehemaligen Münzprägestätte, in der von den 1930er Jahren bis 2005 Münzen hergestellt wurden.

Dr. Tobias Heimann, Elisabeth L'Orange, Dr. Jens Baas und Moderator Jens de Buhr (v.l.n.r.) beim Big Bang KI Festival

Einen Blick in die Zukunft warf dann auch das Panel „Check-Up – Wo steht die KI im Gesundheitswesen?“, auf dem die Teilnehmenden diskutierten, ob künstliche Intelligenz bald Ärztinnen und Ärzte ersetzen wird. Elisabeth L’Orange, KI-Expertin bei Deloitte, berichtete von Studien, die zeigten, dass KI-Modelle schon heute in der Krebsdiagnostik genauer seien als Chefärztinnen und -ärzte. Jens Baas – selbst von Haus aus Chirurg – geht deshalb auch davon aus, dass es demnächst als ärztlicher Kunstfehler gelten wird, wenn bei einer Behandlung oder Diagnose keine KI zu Rate gezogen wird. Sie verfüge über so viel Spezialwissen wie keine Ärztin und kein Arzt.

L’Orange und Tobias Heimann, KI-Chef für Deutschland bei Siemens Healthineers, waren sich einig: KI wird Ärztinnen und Ärzte nicht ersetzen, aber gerade in den hochspezialisierten Fällen wird es nicht mehr ohne gehen. Baas ergänzte: „Schon die Interaktion mit der Ärztin oder dem Arzt hat einen heilenden Wert”. Mehr KI könnte den Raum für mehr dieser persönlichen Interaktion schaffen.

Neue Wege in der Versorgung

In seiner Vision für das Jahr 2030 schilderte Baas, wie KI helfen kann, mehr Struktur und Klarheit in die Versorgungsprozesse zu bringen. Bei einem gesundheitlichen Problem würde jede Person zuallererst ein KI-Expertensystem befragen – per App, in der Notaufnahme oder zum Beispiel auch telefonisch über die 116 117. Dieses standardisierte System würde die Betroffenen dann auf die individuell passgenaue Versorgungsform verweisen: Es kann eine Entwarnung geben, sie am nächsten Tag zum Hausarzt schicken oder direkt den Notarzt rufen.

Das Fazit nach zwei vollen Tagen zu Künstlicher Intelligenz und Digitalisierung: KI ist nicht die Lösung für alle Probleme im Gesundheitswesen, sie kann aber durchaus helfen, das Gesundheitswesen besser zu strukturieren und so ein wichtiger Baustein in den nötigen Reformen sein.



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