Herr Afzali, Sie waren mit Ihrer hausärztlichen Praxis Teil der ePA-Pilotphase, die im Januar 2025 gestartet ist. Wie waren Ihre Erfahrungen und was ist Ihre bisherige Bilanz?
Insgesamt ist die Bilanz sehr gut. Ganz zu Beginn gab es Schwierigkeiten und das System lief oft gar nicht oder nur unregelmäßig. Auch die Funktionen im Praxisverwaltungssystem waren nicht wirklich ausgereift. Ab Juni und Juli hat sich das aber schlagartig verändert: Die Stabilität war sehr gut und es wurden immer mehr sinnvolle Funktionen ergänzt, etwa die automatische Benennung von Dokumenten oder die elektronische Medikationsliste.
Dr. med. Bahman Afzali (Foto: Nico Klemann)
Wo merken Sie die Vorteile der ePA in Ihrem Praxisalltag?
Ein großer Vorteil ist, dass ich die Befunde von Fachärztinnen und -ärzten direkt in der ePA sehen kann. Wenn eine Patientin zum Beispiel von ihrem Orthopäden zum Radiologen überwiesen wird, sehe ich den Befund des Radiologen jetzt trotzdem in der ePA und muss nicht erst bei ihm nachfragen oder die Patientin wegen des fehlenden Befunds nochmal zum Radiologen schicken. Es geht alles deutlich schneller, wenn man sich diese Schleifen sparen kann. Und das klappt auch wirklich gut: Immer mehr Fachärztinnen und Fachärzte laden ihre Befunde regelmäßig in die ePA.
Eine weitere hilfreiche Funktion ist die elektronische Medikationsliste: Gerade bei Patientinnen und Patienten, die neu in unserer Praxis sind, ist es oft schwierig nachzuvollziehen, welche Medikamente sie schon nehmen. Oft haben sie keinen Medikationsplan. In der ePA habe ich jetzt eine sortierte Liste und sehe alles auf einen Blick.
Wie ist die Reaktion der Patientinnen und Patienten? Gibt es viele Rückfragen zur ePA?
Die meisten Menschen glauben, das sei schon immer so gewesen. Sie sind ganz überrascht, wenn ich ihnen erzähle, dass ich zum Beispiel den radiologischen Befund nur durch die ePA bekommen habe. Ohne ePA musste uns der Befund aktiv zugeschickt werden oder durch die Patientinnen und Patienten mit in die Praxis gebracht werden. Wir sind jetzt an dem Punkt angekommen, an dem die Patientinnen und Patienten schon lange sind.
Überrascht war ich davon, dass einige Patientinnen und Patienten mithilfe der ePA ihre Gesundheit sehr aktiv managen – übrigens in allen Altersgruppen. Sie laden relevante Informationen selbstständig in ihre Akte und beschriften die Dokumente dort auch. Ich hatte auch eine Patientin, die ihren Verlaufsbericht aus einer DiGA, also einer digitalen Gesundheitsanwendung, in die ePA geladen hatte. Sie wollte, dass die Daten erhalten bleiben, auch wenn sie die App nicht mehr nutzt – sehr clever! Das hilft mir sehr in der täglichen Arbeit, denn ich bekomme einfach ein vollständigeres Bild der Patientinnen und Patienten.
Die ePA sollte eine Demokratisierung der Gesundheitsversorgung bringen. Und das sehe ich auch heute schon: Die Patientinnen und Patienten können Verantwortung für ihre eigene Gesundheit übernehmen. In den nächsten Jahren und mit einem einfacheren Zugang zur ePA wird sich das mehr und mehr durchsetzen.
Zur Person
Dr. med. Bahman Afzali ist niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin in Bedburg bei Köln. Außerdem ist er Gründer von docport, einem Anbieter, der Hausarztpraxen bei der Digitalisierung ihrer Prozesse unterstützt.
Wo gibt es noch Nachholbedarf?
Im Bereich der Automatisierung gibt es noch Luft nach oben. Vieles läuft schon richtig gut, etwa die Aufnahme von AU-Bescheinigungen oder Laborbefunden in die ePA. Aber zum Beispiel beim Übertragen aus der ePA in die Akte in meinem Praxissystem hakt es noch ein bisschen auf der technischen Seite.
Der wichtigste Punkt aus meiner Sicht ist aber, dass mehr Stakeholder an der ePA teilnehmen sollten. Vor allem die Krankenhäuser sollten konsequent angebunden werden, hier gibt es aktuell noch einen krassen Sektorenbruch. Bei Krankenhausentlassungen gibt es die Befunde häufig nur auf Papier und wir müssen diesem Befund teilweise noch hinterherlaufen und ihn dann per Hand abtippen und so digitalisieren. Auch die Entlassmedikation, also die Versorgung mit Arzneimitteln nach der Krankenhausentlassung, wird häufig nicht als E-Rezept erstellt und fehlt dann in der elektronischen Medikationsliste.
Wenn Sie einen Wunsch für die ePA frei hätten: Welche Funktion würden Sie sich wünschen?
Wichtig wäre, dass wir mehr in Richtung strukturierter Daten gehen. Ein Arztbrief sollte nicht nur als PDF-Datei in der ePA sein, sondern auch als „clevere“ PDF, die auch maschinenlesbar ist. Die Inhalte sollten dann direkt mit einem Klick in das Praxissystem übernommen werden können. Das System könnte dann direkt erkennen, ob eine Diagnose neu oder schon bekannt ist. Auch die nächsten Facharzttermine könnte das System direkt anzeigen. Ich würde mir wünschen, dass wir im kommenden Jahr hier vorankommen.