Der durch die Sozialwahl demokratisch gewählte Verwaltungsrat der TK vertritt die Interessen der Versicherten und Arbeitgeber. Dafür braucht er faire gesetzliche Rahmenbedingungen, sagen seine Vorsitzenden Dominik Kruchen und Dieter F. Märtens.
TK-Verwaltungsratsvorsitzender Dieter F. Märtens
Herr Märtens, wie steht es aktuell um die soziale Selbstverwaltung?
Das Grundprinzip der sozialen Selbstverwaltung ist, dass Versicherte und Arbeitgeber den Kurs ihrer Kranken- und Pflegekasse mitbestimmen können. Also zum Beispiel wofür ihre Beiträge eingesetzt werden sollen. Diese Form der Teilhabe hat sich in den letzten Jahrzehnten bewährt. Sie ermöglicht ein Gesundheitssystem, das die Bedürfnisse derjenigen einschließt, die Beiträge zahlen und Leistungen in Anspruch nehmen.
Staatliche Eingriffe haben die Entscheidungsfreiheit jedoch immer weiter beschränkt – zum Nachteil der Versicherten und der Arbeitgeber. Das gefährdet die Balance zwischen Staat, Sozialpartnern und Versichertengemeinschaft, aber auch den notwendigen Wettbewerb zwischen den Krankenkassen. Als TK-Verwaltungsrat fordern wir die künftige Bundesregierung daher auf, die Rechte der sozialen Selbstverwaltung nicht weiter einzuschränken. Ihre Rolle muss vielmehr gestärkt werden!
TK-Verwaltungsratsvorsitzender Dominik Kruchen
Herr Kruchen, wie soll die neue Regierung die soziale Selbstverwaltung konkret stärken?
Vier Schritte sind aus unserer Sicht notwendig:
Erstens müssen die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung finanziell stabilisiert werden. Immer wieder greift die Bundesregierung auf Versichertengelder zurück, etwa um damit die Beiträge zur Rentenversicherung pflegender Angehöriger zu zahlen. Das lehnt der TK-Verwaltungsrat ab. Strukturpolitik und die Finanzierung staatlicher Aufgaben dürfen nicht die Beitragszahlenden der Sozialversicherungen belasten.
Zweitens muss die Politik jene Maßnahmen zurücknehmen, die die soziale Selbstverwaltung einschränken. Und drittens fordern wir, die soziale Selbstverwaltung im Grundgesetz zu verankern, um sie vor weiteren Eingriffen rechtlich abzusichern.
Viertens rufen wir die künftige Bundesregierung auf, ein Klagerecht für die Kranken- und Pflegekassen einzuführen. Dieses Recht würde ihnen ermöglichen, unzulässige Eingriffe gerichtlich überprüfen zu lassen und somit sicherzustellen, dass die Beitragsgelder auch weiterhin zweckgebunden im Sinne der Versicherten eingesetzt werden. Alle diese Forderungen haben wir in unserer Resolution für eine starke soziale Selbstverwaltung umfassend erklärt.
Die soziale Selbstverwaltung trägt zu einer gerechteren, inklusiveren und nachhaltigeren Gesellschaft bei.
Dieter F. Märtens
Herr Märtens, warum ist es so wichtig, sich für die soziale Selbstverwaltung einzusetzen?
Soziale Selbstverwaltung unterstützt die demokratische Teilhabe. Versicherte und Arbeitgeber können aktiv an Entscheidungsprozessen teilnehmen und ihre Stimme in die Gemeinschaft einbringen.
Sie haben oft ein besseres Verständnis für ihre spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen als die Politik – und gehen nachhaltiger mit den vorhandenen Mitteln um. Ihr gemeinsames Engagement stärkt den sozialen Zusammenhalt. Zudem hat sich gezeigt, dass Gemeinschaften mit sozialen Selbstverwaltungsstrukturen oft widerstandsfähiger gegenüber Krisen sind, da sie besser auf Veränderungen und Herausforderungen reagieren können. Kurzum, die soziale Selbstverwaltung trägt zu einer gerechteren, inklusiveren und nachhaltigeren Gesellschaft bei.