Der ärztliche Bereitschaftsdienst steht vor wachsenden Herausforderungen: hohe organisatorische Aufwände, teils unübersichtliche Strukturen, weniger Ärztinnen und Ärzte. Gleichzeitig steigt der Druck in den Praxen. KVN.akut setzt genau hier an: Man will Patientinnen und Patienten in gesundheitlichen Notfällen schneller helfen, durch klare Wege und mit weniger Wartezeit. „Mit der Reform haben wir […] klare, technologiegestützte Versorgungsprozesse geschaffen, die Patientinnen und Patienten gezielter und effizienter als bisher versorgen und die niedergelassene Ärzteschaft spürbar entlasten“, erklärt Thorsten Schmidt, stellvertretender Vorsitzender der KVN Niedersachsen.
Thorsten Schmidt, stellvertretender Vorsitzender der KVN Niedersachsen
Telemedizin als Herzstück
Das zentrale Element der Reform in Niedersachsen ist die Telemedizin. Wer außerhalb der regulären Sprechzeiten die 116 117 anruft, wird weiterhin durch eine medizinische Ersteinschätzung (SmED) geführt. Neu ist, dass ab Juli 2025 alle Patientinnen und Patienten, die zeitnah ärztliche Hilfe brauchen und nicht direkt an eine Praxis vermittelt werden können, verbindlich telemedizinisch betreut werden – telefonisch oder per Video. Innerhalb von 30 Minuten nach dem Anruf findet der Kontakt mit einer Ärztin oder einem Arzt statt. Ziel ist es, Mehrfachanrufe und unnötige Notrufe über die 112 zu vermeiden.
Die Teleärztinnen und -ärzte können, neben der ärztlichen Beratung, ein elektronisches Rezept (eRezept) und eine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ausstellen. Reicht die telemedizinische Behandlung nicht aus, übergeben sie den Fall an die Dispositionsstelle, die bei Bedarf einen Hausbesuch durch medizinische Fachkräfte im Fahrdienst organisiert. Wenn nötig, können diese eine Ärztin oder einen Arzt vor Ort telemedizinisch hinzuziehen. Der Einsatz von Ärztinnen und Ärzten vor Ort konzentriert sich so auf die komplexen Fälle im Fahrdienst.
Die ersten Zahlen sind erfolgversprechend
Durch KVN.akut erhalten Patientinnen und Patienten schneller die passende Behandlung und Notaufnahmen werden entlastet. Gleichzeitig schafft das System mehr Flexibilität für Arztinnen und Ärzte, reduziert die Arbeitsbelastung und steigert die Effizienz der Versorgung.
Die ersten Monate zeigen, dass das neue System wirkt: Seit Juli 2025 gingen über 38.000 Anrufe bei KVN.akut ein, davon konnten rund 80 Prozent telemedizinisch abgeschlossen werden. Im Schwerpunkt ging es um ärztliche Beratung, in 12,8 Prozent der Fälle wurde ein eRezept ausgestellt und für 1,3 Prozent eine eAU. Und: Die Wartezeit bis zum ärztlichen Erstkontakt per Telemedizin beträgt im Schnitt 5,4 Minuten, also deutlich unter der zugesicherten halben Stunde.
Nächste Schritte: Digitalisierung mit Augenmaß
Niedersachsen hat mit der Neuorganisation des ärztlichen Bereitschaftsdienstes bereits einen wichtigen Schritt getan und sich „auf den Weg gemacht“. Auch die TK setzt sich dafür ein, die Notfallversorgung durch nachhaltige Strukturreformen zukunftsfest zu machen. Mit der Notfallreform der Bundesregierung sind deutliche Verbesserungen in Sicht.
Die TK zeigt mit dem Konzept „Digital vor ambulant vor stationär“ darüber hinaus den Weg auf, um den Zugang zur ärztlichen Versorgung zu verbessern und gleichzeitig die Versorgungsstrukturen zu entlasten. Eine bundesweit standardisierte, digital gestützte Ersteinschätzung sowie telemedizinische Angebote sind auch aus Sicht der TK zentral für eine bessere Versorgung: Sie sind der Schlüssel für besseren Zugang in die Versorgung, kürzere Wartezeiten und eine spürbare Entlastung des Fachpersonals.