Kerstin Grießmeier

Prävention: Auch Pflegende brauchen Auszeit

Stress, hohe Belastung und fehlende Anerkennung, darüber klagen pflegende Angehörige am häufigsten. Das Problem: Wer pflegt, stellt oft eigene Bedürfnisse zurück.
Anders im TK-Präventionsseminar „Pflegen und sich pflegen lassen“.

In stressfreier Umgebung Abstand vom Pflegealltag zu bekommen und sich mit der eigenen Situation auseinanderzusetzen – dafür ist das Seminar der TK gedacht. Die einwöchige Veranstaltung ermöglicht den bis zu zwölf Teilnehmern, in zwangloser Atmosphäre den Pflegealltag zu reflektieren, sich Wissen und Entspannungstechniken anzueignen und Erfahrungen auszutauschen – und den Belastungen der Pflegeaufgabe zu entfliehen. Angeleitet werden die Seminareinheiten von einem Psychologen und einer Pflegefachkraft.

Das TK-Seminar „Pflegen und sich pflegen lassen“ richtet sich speziell an pflegende Angehörige, denen es im Alltag schwer fällt, eine Auszeit von der Pflege zu nehmen. Es zielt darauf ab, sie für die körperlichen, physischen und sozialen Belastungen ihrer Pflegesituation zu stärken. Die Gründe für die Belastungen sind vielfältig und reichen vom Pflichtgefühl gegenüber dem Pflegebedürftigen bis hin zu der Angst, diesen in „fremde Hände“ zu geben.

Angehörige werden solange über Kurzzeit- oder Ersatzpflege betreut

Ganz bewusst sorgt das Seminar für eine Auszeit: Die Pflegebedürftigen werden währenddessen über die Kurzzeit- oder Ersatzpflege betreut. Beides sind Leistungen der Pflegeversicherung. Im Seminar haben die pflegenden Angehörigen Zeit, sich unterstützt von einer Psychologin mit der eigenen Pflegesituation auseinanderzusetzen und sich um ihre eigenen Bedürfnisse und ihre eigene Gesundheit zu kümmern.

Ursula Meller, die Projektleiterin der TK, erläutert: „Die Pflege geht oftmals mit dem Verlust sozialer Kontakte einher. Ziel des Seminars ist, ihnen zu helfen, wieder etwas für sich selbst zu tun. Letztendlich geht es auch darum, dass die pflegenden Angehörigen die Pflegephase ohne körperliche Belastungen oder Einschränkungen überstehen.“ Im Seminar wird deshalb auch vermittelt, wie es gelingt, die eigenen Grenzen zu erkennen, sich selbst Freiräume und Entlastung zu verschaffen und aktiv zu entspannen.

Wertvoller Austausch mit anderen Pflegenden

Neben Einzelgesprächen mit einer Psychologin zu ihrer individuellen Pflegesituation können die Seminarteilnehmer auch in Gruppengesprächen ihren Alltag schildern, sich über den oftmals belastenden Pflegealltag austauchen und neue Perspektiven entwickeln. Neben dem fachlichen Input der Experten schätzen die Teilnehmer an dem Seminar ganz besonders, dass sie sich untereinander zu ihren persönlichen, ganz konkrete Fragen zu ihrem Pflegealltag austauschen können. Eine andere Teilnehmerin fasst zusammen: „Das Seminar ist für mich eine Auszeit mit Input und Informationen.“

An einem Seminar-Nachmittag steht eine Pflegefachkraft den Teilnehmern für praktische Tipps zur Pflegesituation Rede und Antwort, etwa zu speziellen Pflegetechniken im häuslichen Umfeld. Auf dem Programm steht aber auch, bewusst vom Pflegealltag abzuschalten, zum Beispiel beim gemeinsamen Kochen. An einem gemeinsamen Aktivitätstag können die Teilnehmer Unternehmungen organisieren, etwa mal wieder ins Theater gehen oder einen Ausflug in die Umgebung machen. Solche Zeiten ohne feste Programmpunkte gehören ebenfalls zum Konzept. Denn: Sich freie Zeit selbst einteilen zu können, kommt für viele Pflegende im Alltag zu kurz.

Eine Teilnehmerin, die ihre Mutter pflegt, sagt: „Es war herrlich, einfach einmal wieder Zeit für mich zu haben“. Meller erläutert: „Es geht darum, die Gesundheit und Kraft der Pflegenden zu erhalten und Hilfe zur Selbsthilfe zu ermöglichen. Wer permanent und ohne Auszeiten für andere sorgt, läuft Gefahr, an die eigenen Grenzen zu kommen und auszubrennen.“ Beim Programmpunkt „Gesundheit & Wohlbefinden“ war die Stimmung unter den Teilnehmern fast schon gelöst, immer wieder unterbrach spontanes Lachen die angeregten Diskussionen. Dazu gehören auch spezielle Entspannungs- und Atemübungen, die den Teilnehmern später im Alltag helfen sollen.


Weitere Infos bietet der TK-Pflegelotse

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Thomas Ballast Thomas Ballast
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3 Kommentare

  • Uta Bergmann

    So ein Seminar kostet ja zusätzliche Zeit, ist also eine zusätzliche Belastung. Entlastung würde in allererster Linie ein Bürokratieabbau bieten, und die Verkürzung der Wartezeiten auf Entscheidungen, Antworzen auf Anträge und Überweisung der verauslagten Gelder.

  • Uta Bergmann

    Ich brauche kein Seminar von der TK, wo offensichtlich niemand in der Lage ist, eine Quittung richtig zu lesen und wir deshalb das Geld für die sog. “Niederschwelligen Leistungen“ seit Wochen nicht erstattet bekommen.
    Nicht die pflegebedürftigen Angehörigen machen den Stress, sondern vor allem die Krankenkassen, Ämter und Behörden mit ihren unfähigen oder unwilligen Mitarbeitern.
    Wir pflegenden Angehörigen können nur hilflos den Kopf auf den Tisch schlagen oder laut schreien, bekommen aber keine Hilfen. Sie sollten sich mal in den Facebook-Gruppen.von pflegenden Angehörigen, Menschen mit Behinderungen usw. umsehen, da würden Sie sehen, wo unsere wirklichen Probleme sind.
    Gäbe es in Deutschland ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle, hätten wir viel mehr Zeit für unsere pflegebedürftigen Angehörigen. Inzwischen komme ich pro Woche auf ca. 10 – 15 h Bürokratiekrieg mit Krankenkassen, Ämtern und Behörden. Das ist ungefähr genauso lange, wie ich pro Woche arbeite. Und die Zeit fehlt mir natürlich für meinen Sohn. Er bekommt zwar Essen und saubere Wäsche, aber für gemeinsame Freizeitgestaltung bleibt kaum noch Zeit.

    • Redaktion

      Hallo Frau Bergmann,

      es tut uns leid, wenn Sie in den Angeboten keinen Nutzen für sich sehen. Wir tun unser Möglichstes – was Sie davon in Anspruch nehmen wollen, liegt bei Ihnen. Wir möchten Sie in Ihrem eigenen Interesse darum bitten, keine persönlichen Kontaktdaten in unseren öffentlichen Foren preiszugeben. Für Versichertenanfragen steht Ihnen unser Kundenservice unter der kostenlosen Hotline 0800 – 285 85 85 rund um die Uhr zur Verfügung.

      Mit freundlichen Grüßen
      die Redaktion