Der sogenannte „Kompromiss von Lahnstein“ (Lahnsteiner Beschlüsse) von 1992 und die Öffnung der Kassenwahl für GKV-Versicherte legten den Grundstein für den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen. Davon hat die Versorgungslandschaft in Deutschland klar profitiert.
Der seitdem bestehende Druck, dass wir Kassen uns um die Gunst unserer Versicherten bemühen müssen, ist zentraler Antrieb für Innovationen in Service und Leistungsangebot.
Skurrile Schieflage in der Debatte
Mehr als ein Vierteljahrhundert später erleben wir nun eine Debatte, in der – zumindest von einzelnen Akteuren – gerade dieser Wettbewerb um die beste Versorgung allen Ernstes infrage gestellt wird. Und zwar zugunsten einer regionalen Monopolisierung, die angeblich der einzige Weg zu guter Versorgung vor Ort ist. Diese Argumentation geht an der Realität völlig vorbei und wirkt geradezu skurril.
Mit dem Entwurf des „Faire-Kassenwahl-Gesetzes“ (GKV-FKG) will die Politik endlich für gleiche und faire Ausgangsbedingungen für alle Wettbewerber sorgen. Das GKV-FKG sieht neben einheitlichen Regeln und dem Ausgleich regionaler Kostenunterschiede auch eine einheitliche Aufsicht vor. Ausgerechnet dieser überfällige Vorstoß im Rahmen der Reform des Risikostrukturausgleichs wird nun von einzelnen Profiteuren genutzt, um sich explizit dafür einzusetzen, dass erwiesene Ungleichheiten zwischen Wettbewerbern erhalten bleiben. Dazu zählt die unterschiedliche Beaufsichtigung.
Kassenwettbewerb ist immer Versorgungs- und Servicewettbewerb
Der Grundsatz „Konkurrenz belebt das Geschäft“ gehört zum kleinen Wirtschafts-Einmaleins. Im Umkehrschluss heißt das: Ohne echte Konkurrenz passiert nicht viel. Dass das auch für den Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Kassen gilt, zeigen zahlreiche Beispiele.
Etwa die elektronische Gesundheitsakte, die Versicherten ein souveränes Management der eigenen Daten ermöglicht: Hier wurde die TK frühzeitig aktiv.
Und auch in der regionalen Versorgung hat der Wettbewerb innovative Antworten auf regionale Herausforderungen hervorgebracht – beispielsweise bei der Nutzung von Telemedizin in ländlichen Regionen oder bei speziellen regionalen Angeboten für Kinder kranker Eltern.
Wettbewerb, aber bitte fair und gesund
Das Bundesgesundheitsministerium formuliert das so: „In einem gesunden und wettbewerblichen Krankenkassensystem konkurrieren die gesetzlichen Krankenkassen darum, wer seinen Versicherten das beste Angebot zum bestmöglichen Preis machen kann […] Dadurch haben die Krankenkassen ein Interesse daran, eine qualitativ hochwertige Versorgung anzubieten und dafür gute Verträge […] zu schließen und innovative Versorgungsangebote zu machen.“
Der Wettbewerb der Kassen ist also weit entfernt vom reinen Preiskampf. Hinzu kommt die derzeitige strukturelle Schieflage in der Verteilung der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds, die ganze Kassenarten finanziell benachteiligt.
Auch der Sachverständigenrat Wirtschaft kritisiert diese „Wettbewerbsverzerrungen, weil Regionalkassen in kostengünstigeren Regionen dauerhaft Beitragsvorteile halten können“ im „Nebeneinander von Regionalkassen und bundesweiten Krankenkassen“. Der Sachverständigenrat spricht sich demzufolge für eine bundesweite Öffnung regionaler Kassen aus, um hier für Fairness zu sorgen.
Nach über zehn Jahren systematischer und wachsender Schieflage im Kassenwettbewerb stehen wir nun vor der Chance, mit dem GKV-FKG den Innovationsmotor Wettbewerb mit einer einheitlichen Aufsicht endlich auf eine faire Basis zu stellen. Das ist die Grundlage für einen gesunden Wettbewerb.
Diese Chance dürfen wir uns nicht entgehen lassen.