Eike Strömer ist Doktorand und Psychotherapeut in Ausbildung am Leibniz-Institut für Resilienzforschung und bietet gemeinsam mit der TK in Rheinland-Pfalz Resilienz-Workshops zur Fortbildung von privat und beruflich Pflegenden an.
Im Rahmen des TK-Forums „Herausforderung Pflege: Hilfe für Helfende“ leiteten Sie einen Resilienz-Workshop. Was versteht man unter diesem Begriff?
Mit dem Begriff „Resilienz“ ist die seelische Widerstandskraft eines Menschen gemeint. Dank der aktuellen Forschung wissen wir, dass dies keine statische Eigenschaft ist, die man entweder in die Wiege gelegt bekommen hat oder nicht. Es handelt sich vielmehr um eine erlernbare Kompetenz. Indem wir uns beispielsweise bewusst und aktiv etwas Gutes tun, können wir sie stärken. Der Einfluss von Selbstfürsorge ist wissenschaftlich sehr gut dokumentiert. Resilienz bedeutet in diesem Kontext nicht, sich von Alltagsstress, Belastungen oder Krisen vollkommen zu distanzieren, sondern während dieser Situationen bewusst für sich zu sorgen und mit positiven, wohltuenden Aktivitäten den Stressoren entgegenzuwirken.
Welche Bedeutung hat „Resilienz“ für die Gesundheit eines Menschen?
Die Resilienzforschung betrachtet zunächst, wie wir auf psychische Belastungen reagieren. Ziel ist es, anhand dieser Erkenntnisse wissenschaftlich fundierte Ideen zu entwickeln, die zum Erhalt der seelischen Gesundheit beitragen können. Ich denke, es ist ein sehr ermutigender Ansatz zukünftig Resilienztrainings präventiv anzuwenden und so idealerweise die Häufigkeit psychischer Erkrankungen zu verringern. Wir erwarten gespannt die Ergebnisse langfristiger Studien, um konkrete Aussagen treffen zu können.
Wie lässt sich die eigene Resilienz stärken?
Als resilient beschreiben wir Menschen, die angesichts Stress oder Belastung keine seelische Erkrankung entwickeln, oder sich nach einer kurzen Belastungsphase schnell regenerieren. In der heutigen Arbeitswelt sind Zeitdruck und mangelnde Erholung ein großes Thema, sodass immer mehr Menschen gestresst sind. Individuelle Resilienzförderung ist deshalb enorm wichtig. Helfen können zum Beispiel optimistische Gedanken, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten oder eben sich bewusst etwas zu Gutes tun.
Wieso ist dieses Thema gerade für Pflegende so wichtig?
Die Anzahl der Pflegebedürftigen ist während der letzten Jahre stetig gestiegen. Aus Umfragen wissen wir, dass die meisten Menschen zuhause – entweder vom Pflegedienst oder durch Angehörige – gepflegt werden. Einerseits kann es sehr bereichernd und sinngebend sein, jemanden zu pflegen. Andererseits kostet es viel Kraft und stellt besonders im privaten Bereich eine Ausnahmesituation dar.
Im beruflichen Kontext sind Schichtarbeit und Zeitdruck sehr belastend, während im privaten beispielsweise die Verantwortung und die Vereinbarkeit mit dem eigenen Alltag mit Stresserleben einhergehen. Zudem kommen Pflegende mit starken Gefühlen wie Trauer, Mitleid, Überforderung oder Ärger in Kontakt. Umso wichtiger ist es für Pflegende, einen Ausgleich zu finden, um mit den Anforderungen besser umgehen zu können und aktiv etwas für das eigene Wohlbefinden zu tun.