Silvia Wirth

„Wir brauchen dringend mehr Kooperation!“

Die elektronische Gesundheitsakte TK-Safe ist vor einem Jahr gestartet. Im Interview erklärt TK-Vorstand Dr. Jens Baas, warum eine digitale Akte im deutschen Gesundheitswesen für Patienten und Ärzte längst überfällig ist.

TK-Safe ist am 20.5.2019 von der Beta-Phase in den Livebetrieb gestartet und seitdem für alle TK-Versicherten verfügbar. Warum war es so wichtig diesen Schritt zu gehen?

Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzener der TK

Wir haben 2017 gemeinsam mit IBM begonnen, TK-Safe zu entwickeln. Es war damals schon anachronistisch, dass in Deutschland viele Prozesse noch nicht digitalisiert waren. Befunde per Fax, Rezepte auf Papier, der gelbe Schein per Post. In anderen Ländern war es schon selbstverständlich, dass Patienten Diagnosen, Laborwerte oder Röntgenbilder in einer digitalen Akte gespeichert haben und jederzeit darauf zugreifen können. Wir wollen mit TK-Safe zeigen, dass das auch in Deutschland möglich ist.

Wie verändert eine digitale Akte den Behandlungsalltag für Ärzte und Patienten?

Wir sehen jetzt während der Corona-Pandemie wie wichtig valide Informationen und der Datenaustausch zwischen Ärzten sind. Hier sehe ich in Deutschland noch Defizite bei der Vernetzung. Wir brauchen dringend mehr Kooperation! Die notwendigen Schnittstellen fehlen, damit Daten zwischen Haus- und Fachärzten, aber auch zwischen ambulanten und stationären Ärzten schnell ausgetauscht werden können. Die Informationen sind vorhanden, aber sie liegen an unterschiedlichen Stellen und können nicht abgerufen werden, wenn sie benötigt werden. Mit der geplanten einheitlichen Akte ab 2021 haben erstmals auch Patienten jederzeit und von überall Einblick in ihre Daten.

Was sind bislang Ihre Learnings aus TK-Safe?

Erfahrungswerte zu sammeln und aus dem Feedback der Nutzer zu lernen, stand bei der Entwicklung von TK-Safe im Mittelpunkt. Bevor wir unsere Akte für alle Versicherten freigeschaltet haben, sind wir bewusst mit einem groß angelegten Betatest gestartet, um Menüführung und Funktionen an die Rückmeldungen der Nutzer anzupassen. Der Vorteil an diesem Vorgehen ist, dass man so nicht am Kunden vorbei entwickelt, sondern nah an seinen Wünschen bleibt. Allerdings stoßen wir bei der Weiterentwicklung der Akte auch an Grenzen.

Wie meinen Sie das?

Für die Nutzer ist der digitale Datenaustausch mit ihren Ärzten eine der wichtigsten Funktionen. Wir können bereits modellhaft mit 19 Kliniken und 12.000 ambulanten Praxen zeigen, dass Patienten Befunde, Laborwerte und Entlassberichte in ihre Akte laden können und die Vernetzung klappt. Damit wir deutschlandweit alle Ärzte anbinden können, brauchen wir dringend die Telematikinfrastruktur – die geplante Datenautobahn im Gesundheitswesen – und vor allem auch die Bereitschaft der Ärzte, die Akte zu unterstützen. Die elektronische Patientenakte kann nur erfolgreich sein, wenn diese Vernetzung funktioniert und im Praxisalltag gelebt wird.

Was ist die größte Herausforderung bei der Entwicklung der Akte?

„Handling und Datenschutz gleichermaßen zu gewährleisten ist sicherlich die größte Herausforderung.“

Für eine Akte, die so sensible Daten wie Diagnosen und Befunde enthält, sind höchstmögliche Datenschutzstandards enorm wichtig. Klar ist aber auch, dass wir auf Dauer nur eine relevante Nutzerzahl für die elektronische Patientenakte begeistern können, wenn die Akte komfortabel und praktisch ist. Hier müssen wir uns mit kommerziellen Apps messen lassen, die bei der Entwicklung die Usability vor die Datensicherheit stellen. Handling und Datenschutz gleichermaßen zu gewährleisten ist sicherlich die größte Herausforderung.

Weitere Infos zu TK-Safe

Wie die elektronische Gesundheitsakte TK-Safe funktioniert, findet sich zusammengefasst in unserem Presseportal. Mehr Bilder und Infografiken zum Thema finden sich hier.



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