Fiona Theege

„Mit dem Thema Tod gehe ich jetzt gelassener um“

Constantin Müller hat Regie und Marketing studiert und leitet heute eine eigene Filmproduktion. Nebenbei unterstützt der 30-Jährige ehrenamtlich im Kinder- und Jugendhospiz Bärenherz in Wiesbaden. Wie es dazu kam und welche Erfahrungen er dort macht, berichtet er im Interview.

Constantin Müller

Herr Müller, wie kam es zu der Entscheidung, ehrenamtlich im Hospiz zu arbeiten?

Mit Anfang 20 habe ich gerade meine Ausbildung zum Mediengestalter gemacht. Schon da habe ich aber einfach gemerkt, dass ich zusätzlich noch etwas anderes machen will. Etwas, womit ich anderen Menschen wirklich helfen kann.

Wie wichtig war der Ausbildungskurs vor Beginn des Ehrenamtes für Sie?

In dem einjährigen Kurs geht es erst einmal darum, sich selbst zu reflektieren. Er fand meist am Wochenende statt und ließ sich so ganz gut mit meiner Ausbildung vereinbaren. Wir haben Fragen zu den Themen Leben und Tod besprochen und gemeinsam erarbeitet, was für Aufgaben wir im Ehrenamt übernehmen können. Auch ein Praktikum ist während der einjährigen Ausbildung vorgesehen. Das hat mir Sicherheit gegeben, wie ich mich in bestimmten Situationen verhalten kann. Grundsätzlich wird niemand unvorbereitet in das Ehrenamt geschickt.

Raum der Stille im Kinderhospiz

Können Sie die Aufgaben ihrer Tätigkeit genauer beschreiben?

In erster Linie unterstütze ich bei der Betreuung erkrankter Kinder im Kinder- und Jugendhospiz Bärenherz in Wiesbaden. Die Aufgaben sind sehr unterschiedlich und auch die Zeit, die ich investiere, hängt sehr stark von der jeweiligen Situation ab: Vor sieben Jahren habe ich zum Beispiel den damals sechsjährigen Samuel kennengelernt. Ich habe ihn in seinen letzten Lebensjahren begleitet. Wir haben viele Gespräche geführt, sind spazieren gegangen oder haben Filme geguckt. Manchmal saß ich auch einfach nur an seinem Bett und war für ihn da. In den vielen Jahren, die ich ihn betreut habe, ist er ein echter kleiner Freund geworden. Leider ist er vor etwa einem Monat verstorben.

Wie gehen Sie mit solchen belastenden Situationen um?

Ich rede viel mit Freunden oder meiner Freundin darüber. Außerdem haben wir eine Ansprechpartnerin bei Bärenherz, die wir immer kontaktieren können. Wenn jemand stirbt, ist das natürlich sehr traurig und es beschäftigt mich sehr. Aber mit der ganzen gemeinsamen Zeit, die Samuel und ich zusammen verbracht haben, verbinde ich in erster Linie viele schöne Erinnerungen: zum Beispiel gemeinsam gefeierte Geburtstage oder unsere vielen Gespräche.

Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, die kleinen Dinge zu schätzen.

Hat sich für Sie durch die Arbeit etwas verändert?

Ich hatte immer große Angst vor dem Thema Tod. Der Tod war für mich einfach nicht greifbar. Heute gehe ich mit dem Thema deutlich gelassener um. Außerdem habe ich gelernt, wie wichtig es ist, die kleinen Dinge zu schätzen. Einmal konnte ich Samuel spontan nicht besuchen, weil im Lager meiner Filmproduktion eingebrochen wurde. Eine ganze Menge teurer Technik war weg – und ich natürlich total im Stress. Er sagte nur: „Das ist doch nur Technik, es gibt so viel Wichtigeres!“. Wie recht er damit hat.

Weitere Informationen:

Im Jahr 2020 unterstützt die TK die ambulante Sterbebegleitung in Hessen mit einem Zuschuss von rund 1,4 Millionen Euro. Die Gelder fließen an über 80 ambulante Hospizdienste in Hessen, die eine besonders qualifizierte ehrenamtliche Sterbebegleitung durchführen. Die Fördermittel werden vor allem für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der ehrenamtlichen Helfer eingesetzt, die sterbende Menschen in ihrer letzten Lebensphase begleiten.



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