Es gibt sie hierzulande, die jungen Unternehmen, die Startups, die klugen Köpfe, die Verbesserungspotentiale sehen und smarte Ideen für eine bessere Gesundheitsversorgung entwickeln. Diese müssen sie zügig auf den Markt bringen, um Geld zu verdienen. Jedoch fehlt es bei vielen, die ihre Ideen ins Gesundheitssystem bringen wollen, am Wissen um die hohen Widerstandskräfte des Systems. Das deutsche Gesundheitswesen, es ist kein klassischer Markt. Es besitzt eigene Regeln. Und diese zu verstehen ist für Außenstehende oft nicht leicht. Das komplexe System zeigt sich hier und da abgeschottet. Der Grund: Es funktioniert für viele Beteiligte gut, entsprechend gering ist der Drang nach Veränderung und hoch der Widerstand im Sinne der Wahrung eigener Interessen.
Krankenkassen als Starthelfer für digitale Innovationen
Ein erleichterter Marktzugang für Innovationen ist elementar. Die Krankenkassen spielen dabei eine wichtige Rolle: Sie können Versorgungslücken gut erkennen, sie haben das „Market-Access-Know-How“, um Innovationen in die Versorgung zu bringen. Dieses Wissen fehlt vielen Unternehmen und auch den meisten Wagniskapitalgebern. Durch das Ende letzten Jahres verabschiedete Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) haben die Kassen nun die Möglichkeit, mit einem Teil ihrer Finanzreserven Startups zu fördern. Ein wichtiger Punkt hierbei ist, dass Krankenkassen nicht profitorientiert arbeiten. Dadurch können sie in Startups investieren, bei denen sich ein Einstieg für klassische Investoren oft nicht lohnt, die Versorgung aber verbessert wird.
Datenschutz: Chance statt Stopper
Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts und besonders im Gesundheitsbereich der zunehmend wichtigste Treibstoff für Innovationen. Keine Frage, der Datenschutz ist ein hohes Gut und sorgt für Akzeptanz bei den digitalen Anwendungen. Jedoch sehen wir, dass Datenschutz immer noch viel zu oft als Argument zum Schutz von Eigeninteressen vorgeschoben wird. Mit der Datenschutz-Grundverordnung haben wir ein Grundgesetz für die Digitalisierung Deutschlands und Europas.
Nur mit dem ‚Europäischen Weg‘ können wir im Wettbewerb um die besten Gesundheitsinnovationen der starken außereuropäischen Konkurrenz Stand halten.
Und das unterscheidet uns in Deutschland und Europa deutlich von den markt- und wettbewerbsorientierten US-amerikanischen sowie den staatlich dominierten chinesischen „Datenschutzkonzepten“. Bei uns sollen die Patienten die Hoheit über ihre medizinischen Daten haben; allein sie entscheiden, was mit ihnen geschieht. Seit Corona verstehen immer mehr Menschen, wie wichtig Daten bei der Bekämpfung von Krankheiten sind. Und wie wichtig es ist, dass sie zur Forschung innerhalb Europas ausgetauscht werden, dass Spezialisten länderübergreifend zusammenarbeiten müssen. Der europäische Datenraum für Forschungsdaten muss daher endlich Form annehmen. Denn nur mit diesem „Europäischen Weg“ können wir in Zukunft im Wettbewerb um die besten Gesundheitsinnovationen der starken außereuropäischen Konkurrenz Stand halten.
Den Mut haben, bestehende Grenzen zu verschieben
Das deutsche Gesundheitssystem ist ein Milliardenmarkt. Laut einer aktuellen Roland Berger Studie steigt allein das Volumen des digitalen Gesundheitsmarktes in Deutschland in den kommenden fünf Jahren auf 57 Milliarden Euro. Gerade dieser Ernstfall der Corona-Pandemie zeigt uns, welche enormen Chancen in der Digitalisierung zum Wohle der Menschen liegen. Wir sollten das geänderte Mindset in Sachen neuer Technologien jetzt nutzen, um die Digitalisierung im Gesundheitswesen in Deutschland sowie in Europa voran zu bringen. Hierzu müssen wir Gesundheitspionieren mit ihren Innovationen schnell und unkompliziert den Weg ebnen. Und dafür müssen wir den Mut haben, bestehende Grenzen zu verschieben. Denn nur so kann unser Gesundheitssystem zukunftsfähig werden und auch weitere Krisen und Pandemien gut überstehen.