Sie hat zu dem Thema geforscht und sowohl zu Beginn der Pandemie, als auch acht Monate später eine Umfrage unter ihren Studierenden durchgeführt. Dr. Barbara Reiner, an der TUM am Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie tätig, leitet mit ihren Kollegen Dr. Thorsten Schulz und Nils Olson das studentische Gesundheitsmanagement (SGM).
Welche Ergebnisse sind bei den Umfragen herausgekommen?
Die Umfragen, die wir über die Belastung der Studierenden durch Corona geführt haben, sind sogenannte Blitzumfragen. Es war uns wichtig, von möglichst vielen Studierenden in kürzester Zeit eine Antwort zu bekommen. Sie dienen uns quasi als Stimmungsbild, damit wir schnell auf die Situation reagieren können. Auffällig waren die vermehrt negativen Antworten in Hinblick auf das Wohlbefinden und die Lebensqualität. Dazu zählen ein fehlender Tagesrhythmus, eine geringere Produktivität und weniger Bewegung. Natürlich wurde auch der stark eingeschränkte Austausch zwischen den Studierenden häufig genannt – Sozialkontakte kommen einfach viel zu kurz.
Gleichzeitig können aber auch Einige der Situation etwas Gutes abgewinnen. Ein großer Punkt ist die erhöhte Flexibilität: Man kann sich die Vorlesungen auf Band anhören, wann immer man will – dadurch leidet aber natürlich auch wieder der Tagesrhythmus. Auch in Bezug auf die Produktivität haben wir ambivalente Aussagen bekommen: Während 40 Prozent der Befragten in der ersten Umfrage angegeben haben, sich während des Lockdowns weniger produktiv zu fühlen, sagten 25 Prozent das Gegenteil. Viele der genannten Aspekte haben also offensichtlich eine gute und eine schlechte Seite.
Wie unterscheiden sich die Antworten der beiden Umfragen?
Die erste Umfrage haben wir im April letzten Jahres geführt, während des ersten Lockdowns, die Zweite im Dezember. Wir mussten feststellen, dass sowohl in jeder Antwortkategorie, als auch bei jeder einzelnen Frage, die Antworten signifikant negativer ausgefallen sind. Man sieht wirklich, wie schwierig die Situation für viele Studierende ist. So ist zum Beispiel die Schlafqualität erheblich gesunken: 47 Prozent sagen, dass sie sich kaum ausgeschlafen fühlen, wenn sie aufwachen. Einige Ergebnisse werden noch hinzukommen – momentan laufen noch eigene Analysen sowie Bachelor-Arbeiten zu dem Thema, die wir abwarten wollen, bevor wir weitere Angebote ableiten.
Führen Sie regelmäßig Umfragen bei Ihren Studierenden durch?
Wir befragen die Studierenden sehr regelmäßig zu dem Thema Gesundheit, weil es uns wichtig ist, dass wir unsere Angebote bedarfsorientiert ausrichten. Je nach Fakultät können die Bedürfnisse stark variieren. Den letzten großen Fragebogen, der aus 18 Gesundheitsdimensionen besteht, haben wir 2019 herausgeschickt. Daran können wir erkennen, wo man ansetzen kann und wer wann Hilfe benötigt. Beispielsweise haben wir gesehen, dass das Stresslevel bei „Erstis“ höher ist als bei den höheren Semestern. Der aktuellen, sehr dynamischen Situation ist die Einführung von kürzeren Blitzumfragen geschuldet. Zurzeit besteht eine große Bereitschaft der Studierenden, über ihre Situation zu sprechen – und vielleicht auch anderen zu zeigen, dass sie nicht alleine sind. Das spiegelt sich auch in der E-Mail-Flut wider, die uns erreicht.
Inwieweit nutzen Sie die Ergebnisse der Umfrage, um die Studierenden zu unterstützen?
Klar war von Anfang an, dass wir die Probleme nicht nur festhalten möchten, sondern dementsprechend auch Angebote entwickeln wollen. Beispielsweise haben in der ersten Umfrage viele angegeben, sie würden sich zu wenig bewegen, da die gewohnten Sportmöglichkeiten wegfallen würden. Daraufhin haben die in unserem SGM engagierten Studierenden rund um die Campusse der TUM geschaut, wo frei zugängliche Sportplätze sind. Außerdem haben wir Aktive-Pausen-Videos und Workout-Filme produziert – mit Studierenden für Studierende. Beliebt sind auch unsere Gesundheitstipps von Studierenden, von „wie regle ich meinen Tagesablauf?“, bis hin zu „wo bekomme ich gute Atemübungen?“. 28 Tage lang haben wir Anregungen zur Gesundheitsförderung zudem als Challenge verpackt, um täglich einen kleinen Anreiz für mehr Achtsamkeit im Alltag zu geben – sei es meditieren oder bewusst das Handy weglegen. Seit ein paar Wochen wird auch ein Instagram-Kanal bespielt, wo besonders schnell reagiert und kommuniziert werden kann. Dazu muss man sagen, dass all diese Angebote ohne die Unterstützung der TK für uns nicht möglich gewesen wären. Seit 2017 sind wir die Gesundheitsangebote gemeinsam mit der TK ganz systematisch angegangen, um das Ganze auch wirklich nachhaltig gestalten zu können – mit Erfolg.
Auf der Homepage von TUM4Health werden fortlaufend neue Ergebnisse der Umfragen ergänzt.