Nicole Knabe

„Patientensicherheit ist eine Win-Win-Situation“

Mit Hardy Müller benannte die TK im Februar 2019 als erste deutsche Krankenkasse einen Beauftragten für Patientensicherheit. Im Interview berichtet er über den Stand der Aktivitäten zum Ausbau der Patientensicherheit.

Gerade ist Ihr zweiter Bericht als TK-Beauftragter für Patientensicherheit erschienen. Welchen Stellenwert hat Patientensicherheit für die TK?

Patientensicherheit ist uns aus mehreren Gründen ein zentrales Anliegen. Zum einen wissen wir aus Befragungen wie dem TK-Monitor Patientensicherheit, wie wichtig unseren Versicherten das Thema ist. Bei der letzten Umfrage gab ein Viertel der Befragten an, in den vergangenen zehn Jahren einen Behandlungsfehler vermutet zu haben. Gleichzeitig sagten drei von vier Personen, dass sie als Patient aktiv mitwirken wollen, damit die Versorgung in Praxis oder Klinik sicher vonstattengeht. Diese hohe Bereitschaft möchte die TK nicht nur nutzen. Wir wollen die Patientinnen und Patienten auch in ihrer Rolle stärken und binden sie deshalb in unsere Aktivitäten zur Patientensicherheit ein, unterstützen Patientenprojekte und fördern außerdem die zentrale nationale Plattform – das Aktionsbündnis Patientensicherheit.

Was können wir als Krankenkasse von den Berichten der Patientinnen und Patienten lernen?

Zunächst möchte ich betonen, dass Patientensicherheit das Ziel verfolgt, die Versorgung sicherer und somit besser zu machen. Es geht nicht darum herauszufinden, wer einen Fehler gemacht hat, sondern darum, wie es zukünftig besser geht. Wir betrachten das gesamte System, um zu erfahren, was für eine möglichst fehlerfreie Versorgung zu tun ist. Die Patientinnen und Patienten bringen ihre Erfahrungen aus dem Behandlungsalltag in diesen Lernprozess ein und berichten aus erster Hand, wo ihnen der Schuh drückt. Damit aber nicht genug, denn wir als Krankenkasse bekommen so auch die Chance zu erfahren, was sich unsere Versicherten wünschen bzw. welche Verbesserungsmöglichkeiten sie sehen. Das ist eine Win-Win-Situation: Patientinnen und Patienten beteiligen sich an den Präventionslösungen und wir stärken gleichzeitig ihre Position gegenüber allen Beteiligten.

Hardy Müller ist seit Februar 2019 Beauftragter für Patientensicherheit der Techniker Krankenkasse.

Wie nutzen wir dieses Wissen genau? Wo konnten Erfahrungsberichte von Versicherten bereits zu konkreten Verbesserungen führen?

Seit Beginn der Coronapandemie gibt es ein CIRS-Angebot zu COVID-19, ein „Critical Incident Reporting System“, wo Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen kritische Ereignisse und Beinah-Schäden melden können. Über ein TK-Projekt können seit August 2020 auch TK-Versicherte ihre Behandlungserfahrungen mit COVID-19 berichten – nicht nur kritische sondern auch gute. Regelmäßig analysiert ein Expertenteam die eingereichten Meldungen und bereitet sie auf. Mittlerweile gibt es unter anderem Versicherten-Tipps zu Masken und Augenschutz, Antikörpertests oder Demenz und Corona. Damit schaffen wir mehr Sicherheit im Behandlungs- und Besucheralltag. Ein weiteres Beispiel ist das TK-Innovationsfondsprojekt Share to Care, das derzeit am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein läuft. Es widmet sich „Shared Decision Making“ (SDM) – einer partizipativen Form des Arzt-Patienten-Gesprächs, um die gemeinsame Entscheidungsfindung zu verbessern. Aktuell sind wir in Verhandlung über den weiteren Projektverlauf, aber auch hierbei geht es darum, die Patientensicherheit zu stärken.

2020 lag der Schwerpunkt Ihrer Arbeit darauf, die Versicherten systematisch an den Aktivitäten zur Patientensicherheit zu beteiligen. Was steht 2021 ganz oben auf Ihrer Liste?

Der TK-Bericht ist weniger ein Tätigkeits- als ein Jahresbericht, in dem wir Aspekte unserer Arbeit detaillierter beleuchten. Oder anders gesagt, wir werden uns auch 2021 wieder dafür engagieren, die TK-Versicherten an unseren Aktivitäten zu beteiligen. Das ist eine Zielsetzung, die wir kontinuierlich verfolgen. Darüber hinaus legen wir 2021 einen Fokus auf die Ökonomie der Patientensicherheit. Es geht darum, nicht an der Patientensicherheit zu sparen, sondern mit ihr zu sparen. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass vermeintlich kleine und einfache Interventionen einen großen positiven Effekt auf die Patientensicherheit haben. Dafür werden wir sensibilisieren.

TK-Forderungen zur Bundestagswahl 2021

Am 26. September ist Bundestagswahl. Dann werden die Weichen gestellt für die nächsten vier Jahre und unter anderem auch für die künftige Gesundheitspolitik. Die TK hat eine ganze Reihe an Forderungen für die neue Bundesregierung zusammengestellt. Ein wichtiges Thema ist dabei auch die Patientinnen und Patienten in ihrer Souveränität zu stärken sowie Patientensicherheit zu fördern. Auf unserer Kampagnenseite zur Bundestagswahl finden Sie weitere Informationen.



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Dr. Jens Baas Dr. Jens Baas
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2 Kommentare

  • Miriam

    Toll, dass es diesen Blog mit Beiträgen wie diesen und vor allem diese Möglichkeit der Partizipation gibt.

    Positiv finde ich, dass offenbar sogar die Mehrheit der befragten TK-Patienten sich aktiv für Veränderungen einsetzen möchte.

    Schade zwar, dass ich das erst jetzt zufällig entdeckt habe.

    Dass sich die Situation der Patientenrechte durch die kürzlich beschlossene (temporäre?) Streichung des Budgets für die Patientenberatung weiter kompliziert hat, macht sich bestimmt nicht bezahlt…

    Da neben Patientenrechten v.a. Arzneimittelpolitik seit Studientagen mein Steckenpferd ist, und ich u.a. VWL studiert habe, habe ich speziell zu diesen beiden Themen einige Ideen, die möglicherweise umsetzbar sind, und die ich gern (anonym) mitteilen würde – vor allem, da mir Deeskalation durch den steigenden Kostendruck im Gesundheitswesen derzeit für uns alle wichtiger denn je zu sein scheint.

    Gibt es dafür hier eine Rubrik/ einen Ansprechpartner per Mail o.ä.?

    • Redaktion

      Hallo und vielen Dank für Ihr Feedback! Sie können uns gerne eine Email an Pressestelle@tk.de schicken, dort werden sämtliche Anfragen an geeignete Ansprechpartner weitergegeben.