Frau Norda, Bauchschmerzen kennen wir alle, aber was sind funktionelle Bauchschmerzen?
Bei funktionellen Bauchschmerzen handelt es sich um Schmerzen im Bereich des Bauches, bei denen jedoch keine organische Ursache vorliegt. Die Kinder leiden also an teilweise starken Beschwerden, obwohl im Körper kein klassischer Auslöser und kein Problem gefunden werden kann. Die Schmerzen sind aber trotzdem real.
Was bedeutet das Auftreten von funktionellen Bauchschmerzen für die betroffenen Kinder?
Die Kinder nehmen die Bauchschmerzen erstmal ähnlich wahr wie Betroffene, die unter klassischen Bauchschmerzen leiden. Wenn dann aber das Umfeld sagt, „Du hast nichts“, kann das viele Kinder in ein tiefes Loch stürzen. Betroffene, die unter andauernden Schmerzen leiden, sind im Alltag oft sehr belastet: Sie schlafen zum Beispiel schlecht und sind somit am Tag weniger leistungsfähig und auch deutlich reizbarer. Zudem wirken sich chronische Schmerzen auch auf die Psyche der Betroffenen aus. Gerade bei funktionellen Bauchschmerzen kommt oft noch hinzu, dass Kinder mit ihren Schmerzen nicht ernst genommen werden, da es eben keine klar zu diagnostizierende organische Ursache gibt.
Wie können Eltern ihr Kind am besten unterstützen, wenn es von funktionellen Bauchschmerzen betroffen ist?
Wichtig ist, das Kind nicht andauernd zu fragen, wie es ihm geht. Denn der ständige Fokus auf den Schmerz kann dazu führen, dass Kinder mehr in sich hineinhorchen und die Schmerzen dadurch regelmäßiger oder stärker wahrnehmen. Gerade für Kinder ist es also wichtig, dass sie in ihrem Alltag nicht andauernd an ihren Schmerz erinnert werden. Klar ist dennoch: Betroffene müssen das Gefühl haben, mit ihren Schmerzen nicht allein zu sein und über sie sprechen zu können. Zudem sollten Eltern von besonders betroffenen Kindern auch Erzieherinnen und Erzieher oder Lehrerinnen und Lehrer über die Beschwerden informieren. Das ist wichtig, damit sich diese keine unnötigen Sorgen über vermeintliche, schwerwiegende Ursachen machen. Auch regelmäßige und gesunde Ernährung kann den Schmerzen vorbeugen.
Gibt es darüber hinaus noch andere Wege, wie betroffenen Kindern geholfen werden kann?
Neben einem empathisch reagierenden Umfeld ist es notwendig, dass Kinder Strategien lernen, um mit dem Schmerz umzugehen. Beispiele hierfür sind Entspannungstechniken oder Ablenkungsstrategien, die den Schmerz erträglicher machen können. Zudem ist wichtig, dass die Kinder in den Austausch mit anderen Betroffenen kommen, damit sie von ihnen lernen können.
Im Rahmen des Innovationsfonds-Projektes Wissen(s)Star ist eine Internetseite zum Thema funktionelle Bauchschmerzen entstanden – Wie kann diese Betroffenen helfen?
Die Seite meine-bauchstelle ist wichtig, da sie die Betroffenen aber auch ihre Eltern über die Krankheit aufklärt und sie diese verstehen lässt. In meiner täglichen Arbeit rate ich Betroffenen immer: „Mach dich über deine Erkrankung schlau.“ Denn nur dann verstehen Menschen, was in ihrem Körper vorgeht und können auch Strategien gegen die Schmerzen entwickeln. Auf der Seite wird kindgerecht erklärt, dass die Schmerzen der Kinder real sind, obwohl im Bauch eigentlich nichts „kaputt“ ist. Auch Eltern lernen durch die Website zu verstehen, was funktionelle Bauchschmerzen sind. Zudem kriegen sie dort fachliche Informationen, wie sie ihre Kinder unterstützen können.
Was ist aus Sicht der Betroffenen ihr Wunsch?
Es ist von großer Bedeutung, nicht nur Betroffene und ihre Familien, sondern auch die Gesellschaft insgesamt über funktionelle Bauchschmerzen und andere Schmerzkrankheiten ohne organische Ursache aufzuklären. Ich erlebe in meiner Arbeit immer wieder, dass Personen mit chronischen Schmerzen enormes Unverständnis entgegengebracht wird. Mein Appell ist daher: Auch Menschen, denen man die Schmerzen im Alltag nicht ansieht, sollten wir unbedingt Glauben schenken, wenn sie von Schmerzen berichten. Es erfordert oft Mut der Betroffenen, nach Unterstützung zu fragen, deshalb ist es wichtig, hier hilfsbereit und empathisch zu reagieren.