Daniel Konrad

Klinikstrukturen im Wandel: GKV-Gutachten mit Lösungsansätzen

Seit Jahren steigen die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im stationären Bereich. Eine bessere Behandlungsqualität ist trotzdem nicht erkennbar, vielmehr gibt es ein Nebeneinander aus Über-, Unter- und Fehlversorgung im Krankenhausbereich. Ein Gutachten soll jetzt Lösungsansätze für diese Herausforderungen liefern.

Steigende Kosten ohne eine gesteigerte Behandlungsqualität, Fachkräftemangel, demografischer Wandel und eine geringe Auslastung vieler Kliniken machen eines klar: So, wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen. Wir brauchen dringend eine aktive Krankenhausplanung, die die Qualität verbessert und die Angebote der Kliniken stärker am tatsächlichen Bedarf ausrichtet.

Prof. Dr. Boris Augurzky, Autor des Gutachtens und Mitglied in der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung (Foto: Sven Lorenz/RWI)

Vor diesem Hintergrund hat sich die GKV in Rheinland-Pfalz und dem Saarland dazu entschieden, ein Gutachten bei der Institute for Health Care Business GmbH (hcb) in Auftrag zu geben. Damit soll die aktuelle Situation objektiv dargestellt und Lösungsansätze für die anstehenden Herausforderungen aufgezeigt werden. Am 20. Juni 2024 wurde das Gutachten für das Saarland schließlich der Öffentlichkeit präsentiert. Prof. Dr. Boris Augurzky, Leiter der hcb und Mitglied in der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung, schilderte gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der GKV die Erkenntnisse für das kleine Bundesland an der Saar:

Zusammenlegung von Standorten

Laut Gutachten lassen sich Krankenhäuser mit 500 bis 900 Betten am besten betreiben. Daher schlagen Prof. Dr. Augurzky und sein Team vor, einzelne naheliegende Standorte zu sogenannten Zentralkliniken zusammenzulegen. Im Saarland sieht er so die Möglichkeit, zehn Häuser zu fünf zusammenzulegen. Das schaffe höhere Qualität, eine effizientere Nutzung der knappen personellen Ressourcen und ermögliche so eine bessere Wirtschaftlichkeit.

Schwerpunktbildung

Auch eine Schwerpunktbildung der Kliniken könne wichtige Vorteile bringen. Konzentrieren sich die Krankenhäuser auf wenige Fachabteilungen, die dafür größer sind und mehr Fälle behandeln, würden die Häuser sowie die Patientinnen und Patienten profitieren. Denn je mehr Routine medizinisches und pflegerisches Personal hat, desto besser ist die Behandlungsqualität. Eine stärkere Bündelung der Angebote führt also zu größeren Abteilungen mit höherer Qualität und günstigeren Kostenstrukturen.

Weitere Details

Die Präsentation von Prof. Dr. Boris Augurzky zur Krankenhausversorgung im Saarland ist hier zu finden.

Sektorenübergreifende Bedarfsplanung

Durch die fortschreitende Ambulantisierung sowie den Fachkräftemangel im stationären und ambulanten Bereich muss die Krankenhausplanung stärker auf die ambulante Versorgungssituation abgestimmt sein. Die Übergänge und Übergaben zwischen den beiden Sektoren müssen dabei genauso verbessert werden wie die Patientensteuerung in die einzelnen Versorgungsebenen. Durch eine engere Zusammenarbeit können auch sektorenübergreifende Ausbildungen angeboten und die Attraktivität der Berufe generell gesteigert werden.

Potenziale der Telemedizin nutzen

Mit einem Echtzeittransfer von Daten und Befunden oder hochauflösenden telemedizinischen Anwendungen können bisher ungenutzte Potenziale gehoben werden. Grundlage dafür ist aber die schnelle und flächendeckende Breitbandanbindung. Das Gutachten hat dabei ergeben, dass das Saarland hier noch Nachholbedarf hat. Nur im Saar-Pfalz-Kreis erzielen alle Krankenhäuser bis zu 1.000 Mbit/s. in den restlichen saarländischen Landkreisen kommen einige Kliniken teilweise auf deutlich geringere Geschwindigkeiten.

Insgesamt zeigt das Gutachten viele Ansätze, wie die saarländische Krankenhausstruktur zukunftssicher aufgestellt werden kann. Aus Sicht der TK steht dabei vor allem eine Forderung im Vordergrund: eine am tatsächlichen Bedarf und bundeseinheitlichen Qualitätskriterien orientierte Krankenhausplanung. Hier sind nun sowohl die Landes- als auch die Bundespolitik gefordert.

Anschließende Fachdiskussion mit regionalen Entscheidungsträgern

Im Anschluss an die Vorstellung des Gutachtens lud die TK im Saarland zu einer Fachdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Versorgung ein. Dort wurde offen über mögliche Schlussfolgerungen für die saarländische Krankenhauslandschaft gesprochen. Eine wichtige Erkenntnis: Lösungen können nur gemeinsam mit allen Akteurinnen und Akteuren gefunden werden. Es waren sich dabei alle einig: Es muss Veränderungen geben und diese müssen sofort angegangen werden. Dazu gilt es, weiterhin im Gespräch zu bleiben, um gemeinsam an einer qualitativ hochwertigen, bedarfsgerechten und zukunftsorientierten Versorgung im Saarland zu arbeiten.

Über unsere Serie "Klinikstrukturen im Wandel"

Unsere Krankenhauslandschaft ist historisch gewachsen und entspricht vielerorts nicht mehr dem Versorgungsbedarf. Wenn wir eine qualitativ hochwertige und bedarfsgerechte Versorgung gewährleisten wollen, sind Veränderungen also dringend notwendig. Unsere Beispiele zeigen, wie solche Veränderungsprozesse gelingen können – und dass Versorgungsqualität nicht an die Erhaltung einzelner Standorte gebunden sein muss.



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