Harald Netz

Pfleger des Jahres: Ein Mutmacher, der Menschen ins Leben zurückholt

Jedes Jahr zeichnet die Initiative „Herz & Mut“ die Pflegerinnen und Pfleger des Jahres aus und will so sichtbar machen, was Menschen in der Pflege leisten. Im dritten Teil unserer Serie „Pflegerinnen und Pfleger des Jahres“ sind wir in Nordrhein-Westfalen bei Benjamin Vogel, der den dritten Platz belegte. 

Das Ludwig-Steil-Haus in Bochum ist auf den ersten Blick eine ganz normale Seniorenresidenz mitten im Ruhrgebiet, in Bochum, in einem Wohngebiet gelegen. Was die Seniorenresidenz von vielen anderen Einrichtungen unterscheidet, ist ihr Leiter: Benjamin Vogel ist Gesundheits- und Krankenpfleger aus Leidenschaft und ein Überzeugungstäter. 2021 hat er in Herne die Palliativberatung „basis e. V.“ gegründet. Damals starb sein Vater an Corona – auf einer Isolierstation, aber mit Benjamin Vogel an seiner Seite, weil dieser gefordert hatte: „Entweder kommt mein Vater raus oder ich komm‘ rein.“ 

Wie wichtig es ist, Menschen in ihrer letzten Lebensphase zu pflegen und zu begleiten, weiß der 41-jährige Vogel aus eigener Erfahrung: Einen Sohn hat er unmittelbar nach der Geburt verloren, einige Jahre später dann auch noch die Mutter seines zweiten Sohnes. Das hat seinen Blick für den Umgang mit Tod und Sterben geschärft – und ihm gezeigt, wie wichtig es ist, darüber zu sprechen. 

Benjamin Vogel mit seiner Auszeichnung (Foto: Alexa Kirsch/Herz&Mut)

Ein offener und lebensbejahender Umgang mit dem Tod

Einen seiner Patienten, Manuel, hat er so wieder ins Leben zurückgeholt. Denn Benjamin Vogel ist auch ein Mutmacher. Manuel hatte mit 30 Jahren einen Motorradunfall, war querschnittgelähmt und hatte keine Freude mehr am Leben. Ohne die offene Art und die Unterstützung seines Pflegers hätte er es nie geschafft, wieder selbstständig zu leben, schrieb dieser an „Herz & Mut“ und schlug Vogel als Kandidaten für die Auszeichnung zum „Pfleger des Jahres“ vor. So könne er ihm etwas von der Wertschätzung zurückgeben, die er durch ihn erfahren habe, sagte der Patient über seinen Pfleger. Das hat die Jury überzeugt, die Vogel wegen seines offenen und lebensbejahenden Umgangs mit dem Thema Sterben und Tod auf den dritten Platz wählte. 

Vogel kommt aus Herne. Hier haben der Bergbau und die Stahlindustrie ihre Spuren hinterlassen und die Menschen geprägt. Er ist von der zupackenden Art, die damals unter Tage wohl überlebenswichtig war. Während der Coronazeit hat er durch seinen Vater, aber auch als Heimleiter, der die Kontaktsperren umsetzen musste, hautnah miterlebt, dass viele Menschen durch die Lockdowns vereinsamt sind. 

Deutschlands erster Palliativgarten

Also hat Vogel überlegt, was er dagegen tun könnte. Und da sei ihm als erstes ein Kleingarten in den Sinn gekommen. Im Ruhrgebiet, wo die Schrebergärten eine lange Tradition haben, eine naheliegende, aber total verrückte Idee, wie er sagt. Was ihn nicht daran gehindert hat, sie umgehend in die Tat umzusetzen. Seitdem befindet sich in Herne, an der Holper Heide, der erste Palliativgarten Deutschlands, ein Rückzugsort für lebensverkürzend erkrankte Menschen und ihre Angehörigen. 

Er jedenfalls habe aus der Pandemie gelernt, sagt Vogel, und erzählt die Geschichte von dem Bundestagsabgeordneten, der bei der Auszeichnung zum „Pfleger des Jahres“ von ihm wissen wollte, ob er damals noch zu seinem Vater gedurft hätte. Auf Vogels „Ja“ habe der Politiker erwidert, das beruhige ihn, denn die Entscheidung, Pflegeheimbewohnerinnen und Pflegeheimbewohner während der Pandemie zu isolieren, habe er mitgetroffen. Vogel hat trotzdem große Zweifel, ob die Gesellschaft und die Politik aus dieser Zeit gelernt haben. Ihn selbst hat derweil der nächste Schicksalsschlag getroffen: Vogel ist an Parkinson erkrankt. Klar ist aber auch, dass er deshalb nicht den Kopf in den Sand steckt. 

Benjamin Vogel im Podcast „Maschinenraum Gesundheit“

Ausführlicher spricht Benjamin Vogel im Podcast „Maschinenraum Gesundheit“ der TK-Landesvertretungen über seine Leidenschaft für die Pflege. Die Folge gibt es zum Beispiel hier bei Spotify. 



Lesen Sie hier weiter

(Foto: Alexa Kirsch/Herz&Mut) Lennart Paul Lennart Paul
Nicole Battenfeld Nicole Battenfeld
Thomas Ballast, stellv. Vorstandsvorsitzender der TK, mit Carla Eysel, Personal- und Pflegevorständin der Charité Berlin. Laura Hassinger Laura Hassinger

Kommentieren Sie diesen Artikel

Lädt. Bitte warten...

Der Kommentar konnte nicht gespeichert werden. Bitte überprüfen Sie Ihre Eingaben.