Herr Dr. Winkler, wie haben Sie geschlafen?
Eigentlich sehr gut, nur etwas zu kurz.
Also kein persönlicher Leidensdruck, wie kam es zu sleep²?
Nein, aber mein Mitgründer Dr. Manuel Schabus leitet das Schlaflabor an der Universität Salzburg und hat dort vor Ort miterlebt, wie Schlafprobleme massiv anstiegen, aber das stationäre Angebot nicht mitwuchs. Gleichzeitig spielt das Thema Schlaf in der ärztlichen Ausbildung nur eine untergeordnete Rolle und man versucht Betroffenen oft im Akutfall mit Psychopharmaka zu helfen. Aber das ist keine nachhaltige Lösung. Der Goldstandard bei Insomnie, also chronischer Schlafstörung, ist die kognitive Verhaltenstherapie. Da haben wir in der Digitalisierung der Schlafmedizin eine Möglichkeit gesehen, ein riesiges sehr konkretes Problem anzugehen und damit einer großen Gruppe von Betroffenen zu helfen.
Sie sprechen es an: Circa ein Drittel der Bevölkerung klagt über schlechten Schlaf. Wie hilft sleep² Betroffenen?
Sleep² ist eine Kombination von präziser Schlafanalyse und digitalisierter kognitiver Verhaltenstherapie für Insomnie. Ich kann meine Schlafqualität manuell in Form eines Tagebuchs oder mittels Devices wie Smartwatches oder Herzfrequenzsensoren tracken. Am Morgen bekomme ich dann eine Auswertung meiner Nacht und darauf aufbauende Empfehlungen. Diese basieren auf einem Algorithmus, den wir mit 9.000 Schlaflabornächten mit insgesamt mehr als 13 Millionen Schlafepisoden, also Intervallen von 30 Sekunden, trainiert haben. Menschen, die bereits unter starken Schlafproblemen leiden, können an einem achtwöchigen Intensivprogramm teilnehmen, dessen Wirksamkeit durch klinische Studien belegt ist. Wichtig ist mir aber zu betonen: Wir richten uns nicht nur an Menschen, die bereits Schlafprobleme haben. Auch präventiv möchten wir all diejenigen unterstützen, die ihre Schlafqualität auf gute Beine stellen wollen. Denn Schlaf ist neben Ernährung und Bewegung ein enorm wichtiger Aspekt der Resilienz. Unser Anliegen ist es, dass wir möglichst vielen Menschen zu einem ihrer fundamentalsten Grundbedürfnisse, nämlich einem gesunden Schlaf, verhelfen.
Was bedeutet denn gute Schlafqualität? Was macht erholsamen Schlaf aus?
Schlafqualität ist zuallererst einmal subjektiv. Aber für erholsamen Schlaf im wissenschaftlichen Sinne gibt es natürlich auch objektive Kriterien. Das ist zum einen die Schlafdauer, da sollten es sieben bis neun Stunden netto sein, also ohne Einschlafphase oder diese kurzen Wachphasen während der Nacht, die man meist nicht einmal bewusst wahrnimmt. Im ersten Drittel der Nacht dominieren die Tiefschlafphasen, die wichtig für die physische Erholung und das Immunsystem sind. In das letzte Drittel fallen die REM-Phasen (Rapid Eye Movement-Phasen), in denen Emotionen oder Neues verarbeitet wird. Beide sind wichtig für uns Menschen. Außerdem mag der Körper einen geregelten Schlafrhythmus.
Und was, wenn ich das nicht schaffe?
Zu kurzer und unregelmäßiger Schlaf ist auf Dauer eine Gefahr für das Immunsystem, den Hormonhaushalt, für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychische und neurodegenerative Störungen, wie Alzheimer, und langfristig auch für die Lebenserwartung. Gesunder Schlaf ist so wichtig wie gesundes Essen oder ausreichend Bewegung. Neben dieser individuellen Perspektive hat schlechter Schlaf aber auch Auswirkungen auf Organisationen: Es gibt mehr Aus- und Unfälle und die soziale Interaktion leidet. Auch in diesem Kontext kann es sinnvoll sein, auf das Thema Schlaf zu schauen.
Das motiviert doch, sich um seinen Schlaf zu kümmern. Haben Sie auf die Schnelle ein paar Tipps für besseren Schlaf?
Zwei wichtige Aspekte hatte ich ja schon genannt, Schlafdauer und Regelmäßigkeit. Versuchen Sie ausreichend zu schlafen und die Zubettgehzeit nicht mehr als 20 Minuten nach vorne oder hinten zu verschieben. Außerdem sollte man sich bewusst machen, dass auch die Tagesgestaltung eine wichtige Basis für eine gelungene Nacht ist. Das heißt, planen Sie ausreichend Regenerationsphasen während des Tages ein, aber insbesondere in den letzten 45 Minuten vor dem Schlaf sollte Licht bewusst eingesetzt, das Smartphone beiseitegelegt und kein Actionfilm geschaut werden. So kann auch der präfrontale Kortex, also der Bereich, der bei Menschen mit Insomnie oft überaktiv ist, zur Ruhe kommen.
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