Antonia Paul

Biorhythmus gehackt – TimeTeller hilft Gebärmutterhalskrebs-Patientinnen

Die „innere Uhr“ hat einen großen Einfluss auf unser Wohlbefinden. Das merkt man auch nach einer Krebsdiagnose, die den eigenen Alltag und gewohnten Rhythmus durcheinanderbringt. Ein neues Angebot der personalisierten Medizin soll Betroffenen helfen.

Als das Medtech-Start-up TimeTeller Mitte September den Hamburger Gründerpreis gewann und plötzlich in aller Munde war, war es beim Team Markenverträge und Innovation der TK schon ein “alter Bekannter”. Denn einen ihrer ersten Preise erhielten Prof. Dr. Angela Relógio und Dr. Benjamin Dose, das Gründerteam von TimeTeller, schon im Gründungsjahr 2023: den Health Innovation Award 2023, präsentiert von der TK.

Seither sind Prof. Dr. Angela Relógio und TK-Projektmanagerin Lena Zwanzleitner in Kontakt geblieben und freuen sich nun über einen erfolgreichen Vertragsabschluss: Ab sofort können TK-Versicherte, die an Gebärmutterhalskrebs erkrankt sind, von dem TimeTeller-Kit und damit einem Angebot der personalisierten Medizin profitieren.

Das Gründerteam bestehend aus Prof. Angela Relógio und Dr. Benjamin Dose im Gespräch. Foto: Nele Martensen

Vom Award-Gewinner zum Vertragspartner

„Wir konnten in einem guten partnerschaftlichen Austausch miteinander die Herausforderungen diskutieren. Nach einer sehr guten Idee und einem noch nicht marktreifen Produkt haben wir einen Vertrag der ‚Besonderen Versorgung‘ für TK-Versicherte mit Gebärmutterhalskrebs entwickelt. Ich freue mich, dass wir damit Krebspatientinnen unterstützen können, ihre ganz individuellen, täglichen Routinen zu optimieren“, sagt Lena Zwanzleitner.

Gründerin Prof. Dr. Angela Relógio erklärt das TimeTeller-Kit: „Mithilfe des Kits wird per Speichelprobe, computergestützter Modellierung und molekularbiologischer Auswertung der individuelle zirkadiane Rhythmus ermittelt. Danach lassen sich Rückschlüsse auf ideale Schlafens-, Essens- und auch Zeiten für sportliche Aktivitäten ziehen“. Medizinische Laien kennen diesen Rhythmus oft als „biologische Uhr“ und spüren zum Beispiel bei Jetlag nach einer Flugreise, dass dieser Rhythmus durcheinandergeraten kann. Die Methode ließe sich künftig aber auch für viele andere gesundheitliche Anlässe nutzen, sagt die promovierte Molekularbiologin und Professorin für Systemmedizin an der Medical School Hamburg (MSH).

TK-Projektmanagerin Lena Zwanzleitner bei der Preisverleihung. Foto: Nele Martensen

Persönliche Routinen optimieren, Wohlbefinden steigern

„Eine Krebserkrankung bringt das normale Leben durcheinander und verlangt den Betroffenen viel ab. Wir möchten unseren Versicherten mit TimeTeller eine Hilfestellung geben, selbstwirksam, also mit eigenen Mitteln, persönliche Belastung zu reduzieren“, sagt Lena Zwanzleitner.

Dafür müssen sie initial nach dem Aufstehen alle vier Stunden Speichel in jeweils vier Messröhrchen abgeben und ins Labor schicken. Dort werden die Zellen in den Speichelproben auf Genaktivität untersucht und die molekularen Algorithmen der inneren Uhr der Patientinnen präzise bestimmt. Im Anschluss erhalten die Patientinnen in einem Booklet ihr persönliches zirkadianes Profil und darauf abgestimmte Empfehlungen für die Optimierung ihrer täglichen Routinen, einschließlich der besten Tageslicht-, Schlafens-, Ernährungs- und Bewegungszeiten.

Perspektivisch die Krebstherapie verbessern

In Hamburg forschen Relógio, ihr Mitgründer Dr. Benjamin Dose, promovierter Bio-Chemiker, und ihr Team weiter an der Anwendung von TimeTeller bei der Krebstherapie. Die Kenntnisse über den zirkadianen Rhythmus können auch den besten Zeitpunkt zur Einnahme von Krebsmedikamenten festlegen. „Bisher nehmen Krebspatientinnen und -patienten ihre Medikamente nach einem groben Schema ein. So sterben oft nicht nur die kranken, sondern auch gesunde Zellen im Körper ab. Wir von TimeTeller wollen den individuellen, besten Zeitpunkt festlegen, damit die Medikamente besser wirken, die Therapie besser anschlägt und Nebenwirkungen reduziert werden“, so Prof. Dr. Angela Relógio. Bald folgen erste klinische Studien. „Das deutsche Gesundheitssystem ist ein Dschungel, aber wir haben große Meilensteine geschafft. Die TK hat unseren Einstieg in den Gesundheitsmarkt eng begleitet und ich freue mich über das gegenseitige Vertrauen. Das TimeTeller-Kit ist bereits ein eingetragenes Medizinprodukt und wir haben noch viel vor.“



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