Kerstin Grießmeier

„Selbstverwaltung ermöglicht Versicherten selbstbestimmte Entscheidungen“

Zum Tag der Selbstverwaltung sprechen Corina Reifenstein (Arbeitgebervertreterin) und Gerard Wolny (Versichertenvertreter) des TK-Verwaltungsrats über die Arbeit der Ehrenamtlichen und Erwartungen an die Politik.

Zum Tag der Selbstverwaltung: Wie erleben Sie die Wahrnehmung der sozialen Selbstverwaltung?

Gerard Wolny: Sehr unterschiedlich. Innerhalb der TK sind wir sehr präsent, wir arbeiten ja in den Fachausschüssen intensiv mit den Hauptamtlichen zusammen. Grundsätzlich würden wir uns über etwas mehr öffentliches Interesse freuen – auch von Seiten den Versicherten. Für viele ist die Selbstverwaltung nur zur Sozialwahl ein Thema. Dabei fängt nach der Sozialwahl unsere Arbeit für die Versicherten ja erst an.

Corina Reifenstein: Luft nach oben sehen wir vor allem bei der Politik. Hier zeigt sich seit Jahren die gefährliche Tendenz, die Entscheidungsfreiheit der Selbstverwaltung immer weiter einzuschränken. Wir müssen uns grundsätzlich fragen, was bedeutet es, wenn die Politik Entscheidungskompetenzen anstelle der Vertreter der Beitragszahler an sich zieht. Dadurch würde die Arbeit für die Beitragszahler qualitativ nicht besser werden, was aber unser Anspruch sein muss. Die Fachausschüsse der Selbstverwaltung verfügen schließlich über fundierte Kenntnisse der Strukturen und konkreten Probleme.

Corina Reifenstein

A propos Politik: Mit Blick auf den Koalitionsvertrag: Was erwarten Sie als Ehrenamtliche von der aktuellen Regierung?

Reifenstein: Immerhin steht das Thema ‚Reform der Sozialwahl‘ wieder im Koalitionsvertrag. Das lässt hoffen. Ich bin gespannt, ob die aktuelle Regierung dieses Versprechen an die Wähler umsetzen wird und endlich ermöglicht, auch online abzustimmen.

„Eine starke Selbstverwaltung ist ja kein Selbstzweck, sondern auch die Grundlage für Versicherte, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen.“

Gerard Wolny

Was hat eine starke Selbstverwaltung mit mündigen Patienten zu tun?

Wolny: Auch wenn Selbstverwaltung nicht so hip klingt wie Patientenpower – wir legen viele Grundlagen für Entscheidungsmöglichkeiten. Das beginnt beim urdemokratischen Prozess der Sozialwahl, wenn die Mitglieder über die Zusammensetzung des höchsten TK-Entscheidungsgremiums entscheiden.

Reifenstein: Wir haben Wahltarife eingeführt und mit Satzungsleistungen das Angebot der TK erweitert. In unseren Widerspruchsausschüssen setzen sich Ehrenamtliche außerdem mit Entscheidungen auseinander, mit denen Versicherte nicht einverstanden sind. Wir beschäftigten uns aber auch mit grundsätzlichen Fragen. Zum Beispiel diskutieren wir, wie wir dazu beitragen können, dass Lebensmittel endlich verständlich gekennzeichnet werden. Schließlich geht es um die Gesundheit unserer Versicherten. Dafür ist wichtig, als Mitglied formell mitwirken zu können und sich auch inhaltlich einbringen zu können.

Gerard Wolny

Die Bundeswahlbeauftragte und ihr Stellvertreter haben einen 10-Punkte-Plan aufgestellt, der die Arbeit der ehrenamtlichen Selbstverwalter stärken soll. Sehen Sie darin positive Ansätze für Ihre Arbeit?

Wolny: Auf jeden Fall – das beginnt bei der Forderung nach Online-Wahlen, die wir teilen. Zudem finden sich darin auch viele Ansätze, die den Alltag von Ehrenamtlichen einfacher gestalten und für mehr Transparenz sorgen, etwa die Forderung nach einem gesetzlichen Anspruch auf Freistellungen für Weiterbildungen.

Der diesjährige Tag der Selbstverwaltung findet ein knappes Jahr nach der Sozialwahl statt – wie sieht ihre bisherige Bilanz in dieser Legislatur aus?

Reifenstein: Wir haben schon einiges erreicht. Am deutlichsten für die TK-Mitglieder spürbar war sicher die Entscheidung, zum Jahreswechsel den Zusatzbeitrag zu senken. Auch die Politik haben wir bereits adressiert, mit unserer im April verabschiedeten Resolution.



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Katharina Lemke

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