Herr Becker, hat Sie die Auszeichnung überrascht?
Ja, als ich von der Nominierung erfahren habe, habe ich mich sehr gefreut, dachte aber nicht, dass die Wahl auf mich fallen könnte.
Was zeichnet Ihres Erachtens einen guten Pfleger oder eine gute Pflegerin aus?
Wir haben den intensivsten Kontakt zu den Patienten und müssen daher viele Situationen einschätzen können, um richtig darauf zu reagieren. An erster Stelle steht deshalb die fachliche Expertise, die durch Fortbildung ständig auf dem neuesten Stand gehalten werden sollte. Natürlich gehört auch Leidenschaft, Herzlichkeit, Einfühlungsvermögen und Humor dazu. Eine gewisse Strenge ist auch notwendig. Damit meine ich, dass wir den Patienten klar machen, wie wichtig ihre aktiven Mitarbeit für die Genesung ist. Aktivierende Pflege ist das Stichwort.
Was antworten Sie Menschen, wenn diese fragen, warum sie den Berufsweg „Pflegekraft“ einschlagen sollten?
Ich antworte immer das Gleiche: Es ist schön, jeden Tag etwas Neues zu erleben, das macht es immer wieder spannend und fordert all mein Fachwissen. Zudem kann ich mich vielseitig fortbilden. Es wird also nie langweilig. Und ich erfahre Dankbarkeit von vielen Patienten, die unter anderem durch gute Pflege wieder auf die Beine kommen.
Was müsste sich Ihrer Ansicht nach ändern, damit mehr Menschen motiviert werden, den Beruf des Krankenpflegers zu ergreifen?
Es braucht eine faire Bezahlung und einen Treuebonus für die Pflegefachkräfte. Hier sind die Klinken dabei nachzubessern. Außerdem finde ich es gut, wenn Pflegeschüler bereits wissen, wie ihre beruflichen Perspektiven aussehen, damit sie ein Ziel vor Augen haben.
Wir müssen unsere Mitarbeiter individuell fördern; das motiviert und schafft sehr gute Fachkräfte, die den Beruf lange ausüben. Es muss sichergestellt werden, dass freie Tage wie geplant genommen werden können. Dafür benötigen wir feste Ausfallkonzepte. Letztendlich geht es hierbei immer um Wertschätzung.
Welche Abläufe in den Kliniken müssten sich ändern, damit das Pflegepersonal entlastet wird und auch die Patienten einen möglichst angenehmen und reibungslosen Klinikaufenthalt erfahren?
Hier muss ganz klar der Gesetzgeber ran. Um Pflegenotstand und Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen, müssen wir dafür sorgen, dass Pflegekräfte ihre originären Aufgaben erfüllen können. Viele Tätigkeiten, die Pflegekräfte zusätzlich leisten, könnten eigentlich von Hilfspersonal übernommen werden, z.B. Essen verteilen, Betten beziehen, Telefondienst oder Patienten zu Untersuchungen oder OPs bringen. Zudem ist es gängige Praxis, Hilfspersonal für diese Tätigkeiten auf die Planstellen der Pflegefachkräfte zu setzten, das darf nicht sein. Ändern wir das, können gut ausgebildete Fachkräfte wieder ihre Hauptaufgaben wahrnehmen und die Qualität der Patientenversorgung steigt.
Was werden Sie mit dem Preisgeld von 5.000 Euro anfangen?
Das Preisgeld investiere ich in meine beruflichen Weiterbildungen und einen Teil werde ich spenden.
Zur Person:
Marcel Becker ist 24 Jahre alt und hat in Bad Hersfeld seine Ausbildung zum examinierten Gesundheits- und Krankenpfleger gemacht. Mit 21 Jahren ist er an die Universitätsmedizin Mainz gewechselt, zunächst in die Notaufnahme. Heute führt er in der Urologie ein 16-köpfiges Team.
Fotos: Thomas Böhm, Universitätsmedizin Mainz