Das Thema „Zeitarbeit“ stand für den Gesundheitsreport 2020 schon fest, als von Corona noch nichts zu ahnen war. Genau diese Beschäftigten nehmen aktuell eine besondere Rolle in der Arbeitswelt ein – sie sind die ersten, die gehen müssen.
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren von Juli 2018 bis Juni 2019 881.000 Zeitarbeiter sozialversicherungspflichtig in Deutschland beschäftigt. In wirtschaftlichen Krisenzeiten sind Zeitarbeiter jedoch diejenigen mit der unsichersten Perspektive.
Dabei hatte sich die Zeitarbeitsbranche in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Es gab einige gesetzliche Änderungen, die die Situation von Zeitarbeitern verbessert haben: die Einführung des Mindestlohns ebenso wie das Anrecht auf gleiches Lohnniveau zu vergleichbar regulär Beschäftigten im Einsatzbetrieb nach neun Monaten.
Zusätzlich zu unseren Routinedaten zu Fehlzeiten und Arzneimittelverordnungen wurde der Gesundheitsreport 2020 um eine wissenschaftliche Befragung erweitert. Dazu wertete das Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) im Herbst 2019 mehr als 1.400 Fragebögen von TK-versicherten Zeitarbeitnehmern sowie einer Vergleichsgruppe anderweitig Beschäftigter zu ihrer persönlichen Arbeitssituation und Gesundheit aus.
Arbeits- und Gesundheitssituation der Zeitarbeitnehmer hatte sich spürbar verbessert
Bereits 2009 widmete sich der Gesundheitsreport der Arbeitssituation und Gesundheit von Menschen in der Zeitarbeitsbranche. Was hat sich seitdem verändert? Wie steht es um ihre Gesundheit im direkten Vergleich mit dem Durchschnitt aller anderen Beschäftigten? Und was können wir tun, um die Gesundheit der Zeitarbeiter zu verbessern?
Ein Ergebnis des aktuellen Reports ist: Die Arbeits- und Gesundheitssituation der Zeitarbeitnehmer hatte sich spürbar verbessert. Die Auswertungen zeigen auch, dass vermehrt beruflich hochqualifizierte Arbeitskräfte zum Beispiel aus den Bereichen IT, Gesundheits- und Sozialwesen sowie den Ingenieursberufen erfolgreich vermittelt werden. Zeitarbeit ist also auch für Fachkräfte mittlerweile eine attraktive Beschäftigungsform.
Dennoch bleibt festzuhalten: Deutliche 43,7 Prozent der Zeitarbeiter sind mit ihrer Arbeitssituation immer noch „kaum“ oder „überhaupt nicht“ zufrieden. Das scheint auch auf die Gesundheit zu schlagen. Laut der Routinedaten fielen Zeitarbeitnehmer aufgrund ihrer Tätigkeiten 2019 im Schnitt 20,6 Tage krankheitsbedingt aus. Das sind knapp sechs Tage – rund 40 Prozent – mehr, als in der Vergleichsgruppe der Nichtzeitarbeitnehmer (14,7 Tage). Grund für die hohe Anzahl von Fehltagen sind vor allem die körperlich belastenden Jobs in Lager, Logistik und Transport, in denen Zeitarbeiter überdurchschnittlich häufig beschäftigt sind. Doch selbst wenn man die berufsspezifischen Faktoren berücksichtigt, haben Zeitarbeitnehmer immer noch rund 16 Prozent höhere Fehlzeiten als Nichtzeitarbeitnehmer.
Entscheidend: Arbeitsschutzmaßnahmen, Gesundheitsförderung, Perspektiven
Auch wenn die Ergebnisse des Reports nicht die aktuelle wirtschaftliche Situation bedingt durch die Corona-Pandemie spiegeln, da sie bereits im letzten Jahr erhoben wurden, bekommen die Erkenntnisse vor diesem Hintergrund eine ganz andere Dringlichkeit. Es ist zu erwarten, dass mögliche weitere Entlassungswellen Zeitarbeiter verstärkt betreffen werden.
Mit dem Report wollen wir auch Lösungsansätze anbieten, um Zeitarbeitskräfte langfristig für die Arbeitswelt zu stärken. Neben klassischen Arbeitsschutzmaßnahmen und gezielter Betrieblicher Gesundheitsförderung geht es vor allem um eine noch bessere Integration in den Leihfirmen. Zum Beispiel durch Einbindung in Personalentwicklungsstrategien und individuelle Weiterbildung. Das fördert nicht nur die Bindung an das Unternehmen, sondern stärkt auch das emotionale Wohlergehen der Mitarbeiter. Gleichzeitig sind solche Maßnahmen eine sinnvolle Investition in die Zukunft.