Laura Hassinger

Gute Gründe für die Pflege: „Es ist ein Privileg“

Ein Beruf mit Zukunft, der immer gefragt sein wird und Arbeitsplätze garantiert. Hohe Eigenverantwortung, Teamarbeit, sowie vielfältige und sinnstiftende Aufgaben. Ist es nicht genau das, wovon Bewerber:innen träumen?

Die Altenpflege bietet all das und mehr – doch der Nachwuchs fehlt. Thomas Ballast, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der TK, hat sich in Berlin mit der Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung, Claudia Moll (MdB), und Mitarbeitenden der Agaplesion-Pflegeeinrichtung „Haus Bethesda“ in Berlin-Kreuzberg getroffen. Sie sprachen über die Herausforderungen des Pflegeberufs und die guten Gründe, ihn trotzdem zu ergreifen.

Eine Frage des Images

„Oh toll, du arbeitest im Pflegeheim, das könnte ich ja nicht!“ Solche Sätze hört Pflegefachkraft Steffi oft. Sie berichtet, dass Viele Pflege damit gleichsetzen, „alten Menschen den Hintern zu wischen“. Das lockt nicht gerade Nachwuchskräfte an. Natürlich gehöre auch die Unterstützung bei der Körperpflege zu den Aufgaben in einer Pflegeeinrichtung. Doch gerade der enge menschliche Kontakt und das Wissen, jemandem ganz unmittelbar zu helfen, könne den Pflegenden ein sehr gutes Gefühl zurückgeben, sagt sie.

Das bestätigt auch Aloys, der sich vor 20 Jahren ganz bewusst für die Langzeitpflege von Menschen mit Demenz entschieden hat: „Die Bewohnerinnen und Bewohner ein Stück ihres Lebens zu begleiten, in den existenziellen Phasen des Alterns, Krankseins und auch Sterbens, das ist ein Privileg.“ Zwischen all den ernsten Themen werde viel zusammen gelacht. Sein Job ermögliche es, die zu Pflegenden mit ihren spannenden Lebensgeschichten besser kennenzulernen als etwa im Krankenhaus. Zudem sei kein Tag wie der andere, es werde nie langweilig, so Aloys.

Abwechslungsreicher Alltag und ein starkes Team im Rücken

Die vielfältigen Aufgaben in der stationären Pflege erfordern verschiedene persönliche und fachliche Kompetenzen, angefangen bei der einfühlsamen Betreuung von Bewohnerinnen und Bewohnern über organisatorische Fragen bis hin zu medizinischen Aufgaben. Teamarbeit ist hier unverzichtbar. Pflegedienstleiterin Judith Bellin sieht darin einen entscheidenden Grund, weshalb viele professionell Pflegende überhaupt so lange im Beruf bleiben. Ein gut aufgestelltes Team sei ein Schlüsselfaktor für gute Pflege und Spaß an der Arbeit. Man könne sich aufeinander verlassen, vor allem wenn der Anteil an Fachkräften stimmt.

Natürlich darf man nicht außer Acht lassen, dass der Beruf körperlich und psychisch herausfordernd ist. Gerade in den letzten Jahren hat sich die Arbeit immer weiter verdichtet. Die Dokumentationspflichten verschlingen viel Zeit. Zeit, die am Bett der zu Pflegenden fehlt, aber auch, um neue Kräfte einzuarbeiten. Hier können freigestellte Praxisanleiterinnen und -anleiter Abhilfe schaffen, die nicht in den Dienstplan eingebunden sind, sondern sich nur um die Auszubildenden kümmern. Bei Agaplesion habe man damit gute Erfahrungen gemacht, berichtet Judith Bellin.

Thomas Ballast, Aloys, Claudia Moll, Steffi und Judith Bellin (v.l.).

Was kann die Politik besser machen?

Gute Rahmenbedingungen seien für die tägliche Arbeit viel wichtiger als beispielsweise mehr Geld zu verdienen, da sind sich alle in der Runde einig. Steffi sagt: „Was bringt mehr Geld, wenn du es nicht ausgeben kannst, weil du nach getaner Arbeit komplett fertig bist?“ Hier sei auch die Bundesregierung gefragt, die rechtlichen Vorgaben, beispielsweise was Personalschlüssel und Dokumentationspflichten angeht, für den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten.

Dafür ist es gut, dass es Menschen wie die Pflegebevollmächtigte Claudia Moll gibt, die die Herausforderungen in der Pflege kennen und politisch adressieren können. Die langjährige Pflegefachkraft nutzt Einrichtungsbesuche wie diesen, um Feedback und neue Impulse für ihre politische Arbeit einzuholen. Ebenso unterstützt sie bereits mit ihrem Projekt „Gute Arbeitsbedingungen in der Pflege“ Einrichtungen, die die Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf ihrer Mitarbeitenden verbessern möchten.

Claudia Moll ist überzeugt, dass viel mehr Menschen in den Pflegeberuf und insbesondere in die Altenpflege hineinschnuppern sollten. Bundesfreiwilligendienste oder ehrenamtliche Tätigkeiten böten solche Einblicke, so die Pflegebevollmächtigte.

Die Bewohnerinnen und Bewohner ein Stück ihres Lebens zu begleiten, in den existenziellen Phasen des Alterns, Krankseins und auch Sterbens, das ist ein Privileg.

Aloys, Pflegefachkraft im Haus Bethesda

Was können wir als Kasse besser machen?

Nicht nur ein besseres Verständnis für die Pflege und ein damit verbundenes positives Image können den Beruf attraktiver machen. Chancen birgt alles, was die Beschäftigten im Alltag ganz praktisch entlastet: Einfachere Abläufe, etwa bei der Medikamentenbestellung – Stichwort E-Rezept. Digitale Helfer wie Sprachassistenzprogramme, denen man die Pflegedokumentation diktieren kann, oder Sturzsensoren in den Wohnbereichen.

Das alles sind Innovationen, die wir auch als Kranken- und Pflegekasse befürworten. Wir setzen uns schon lange dafür ein, die Zukunft der Pflege pragmatisch, digital und unbürokratisch zu gestalten.

Nötig sind aber auch innerbetriebliche Modelle für ein gesundes Arbeitsumfeld. Die TK unterstützt stationäre, teilstationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen sowie Krankenhäuser dabei, gesundheitsfördernde Strukturen nachhaltig im Pflegealltag zu etablieren. Wie die Agaplesion-Pflegeeinrichtung „Haus Bethesda“ können interessierte Einrichtungen hierzu einen Förderantrag stellen.

Stimmen die Arbeitsbedingungen, folgen hoffentlich mehr Menschen dem Beispiel von Steffi und Aloys und entscheiden sich für einen Pflegeberuf. Denn eines steht fest: So sinnstiftende, zukunftssichere und teamorientierte Aufgaben wie in der Pflege sind einzigartig!



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