Nicole Knabe

„Wir brauchen eine bedarfsgerechte Finanzierung unserer Krankenhäuser“

Im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 erklären Expertinnen und Experten der TK unsere gesundheitspolitischen Forderungen an die künftige Bundesregierung. Dieses Mal sprechen wir mit dem stellvertretenden TK-Vorstandsvorsitzenden Thomas Ballast.

Die Frage, wie die Krankenhauslandschaft in Deutschland künftig gestaltet sein muss, damit die Versorgung der Patientinnen und Patienten zukunftsfähig bleibt, ist ein Dauerbrenner in der Gesundheitspolitik. Ein Gespräch darüber, warum eine zeitgemäße Krankenhausfinanzierung sowohl die Gegebenheiten vor Ort als auch Qualitätsaspekte berücksichtigen muss.

Die TK fordert für die Krankenhausfinanzierung einen neuen Mix. Woran hakt es aktuell?

Aktuell erhalten alle Kliniken Fallpauschalen, mit denen gleiche Leistungen zu gleichen Preisen vergütet werden. Auf diese Weise werden allerdings spezifische Vorhaltekosten oder strukturbedingte Aufwände der Klinken nur unzureichend finanziert. Vor allem auch, weil die Länder nur unzureichend ihre Pflicht zur Finanzierung der Investitionskosten der Krankenhäuser erfüllen. Gleichzeitig betreiben sie keine Bedarfsplanung für die Krankenhäuser, sondern schreiben im Großen und Ganzen die Bestandssituation fort – und die bedeutet in städtischen Lagen oft eine unverhältnismäßig hohe, nicht bedarfsgerechte Krankenhauslandschaft.

Die Folge ist: Die Krankenhäuser befinden sich in einem Kreislauf, immer mehr Operationen und Behandlungen durchzuführen, um ihre Kosten zu decken. Damit sind wir weit entfernt von einer effizienten und bedarfsgerechten Versorgung. Hier kann auch eine veränderte Krankenhausfinanzierung helfen.

Wie sieht eine solche veränderte Finanzierung aus?

Basis für unser Konzept ist eine Weiterentwicklung des Fallpauschalensystems. Konkret schlagen wir ein modular aufgebautes Vergütungssystem vor, das in einem Gesamtbudget pro Klinik mündet. Dieses besteht künftig aus einem separaten Krankenhausbudget für Vorhaltekosten, um die Gegebenheiten vor Ort besser zu berücksichtigen, den Fallpauschalen für die Finanzierung der medizinischen Behandlungskosten und einem Qualitätsmodul.

Wir sind weit entfernt von einer effizienten und bedarfsgerechten Versorgung. Hier kann auch eine veränderte Krankenhausfinanzierung helfen.

Thomas Ballast, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der TK.

Wo lägen darin die genauen Vorteile im Vergleich zum aktuellen Vergütungssystem?

Mit diesem Modell können wir unter anderem Kliniken im ländlichen Raum sowie Häuser mit Spezialdisziplinen besser unterstützen, die bedarfsnotwenig für die Versorgung der Menschen sind, aber derzeit Schwierigkeiten bei der Kostendeckung haben. Bedarfsnotwendigen Krankenhäusern wollen wir ein leistungsunabhängiges Budget für ihre Vorhaltekosten – ihre Fixkosten – zahlen, auf das sie sich verlassen können. Dadurch nehmen wir diesen Häusern den Druck, aus finanziellen Gründen immer mehr Behandlungen vorzunehmen.

Was heißt das genau für die Krankenhäuser?

Ist ein Krankenhaus nach Krankenhausplanung bedarfsnotwendig, so legt das Land hausindividuell eine Versorgungsstufe und dazugehörige Leistungskomplexe fest. Erbringt ein Haus über diese Kriterien hinausgehende Leistungen, so erhält es dafür keine Vorhaltekosten und es besteht für die Kostenträger keine Pflicht zur Vergütung. Dies würde im Ergebnis zu einer stärkeren Spezialisierung der Krankenhäuser führen. Kleine Krankenhäuser auf dem Land können sich auf einfachere Eingriffe konzentrieren und anspruchsvolle Operationen finden nur in den Häusern statt, die auch die entsprechende Erfahrung haben. Davon profitieren auch die Patientinnen und Patienten, weil damit die Bedeutung des wirtschaftlichen Interesses in den Hintergrund tritt und die Qualität eine größere Rolle spielt.

Wie wäre das Qualitätsmodul ausgestaltet?

Kliniken, die nachweisen können, dass sie Patientinnen und Patienten besonders schnell oder mit deutlich überdurchschnittlichen Ergebnissen behandelt haben, erhalten einen finanziellen Bonus aus dem Qualitätsbudget. Damit schaffen wir gleichzeitig Anreize dafür, dass die Krankenhäuser innovative Konzepte entwickeln oder weiterentwickeln und so die Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten stetig verbessern.

TK-Forderungen zur Bundestagswahl 2021

Am 26. September ist Bundestagswahl. Dann werden die Weichen gestellt für die nächsten vier Jahre und unter anderem auch für die künftige Gesundheitspolitik. Die TK hat im Sinne ihrer Versicherten eine ganze Reihe von Forderungen an die neue Bundesregierung zusammengestellt. Ein wichtiges Thema ist dabei auch die zukunftsfähige Ausgestaltung unserer Krankenhauslandschaft. Auf unserer Kampagnenseite zur Bundestagswahl finden Sie weitere Informationen.



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