Thomas Ballast

Schneller verfügbare Abrechnungsdaten besser für die Versorgung

Spätestens die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig aktuelle Gesundheitsdaten sind.

Heute erreichen aussagekräftige Abrechnungsdaten der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte uns als TK erst sechs Monate nach Quartalsende. So können bei einem Praxisbesuch bis zu neun Monate vergehen, bis die Krankenkasse von der Behandlung überhaupt erfährt. Würde das schneller gehen, so könnten Vorteile für Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzte und Krankenkassen gleichermaßen entstehen. Dies fängt mit teils hinfälligen Rückfragen der Kasse in der Arztpraxis an und reicht bis zu kurzfristigen Analysen der Versorgung, die beispielsweise im Rahmen einer Pandemie zügig Auskunft über das Versorgungsgeschehen geben können. Die derzeitigen langen Lieferfristen stammen noch aus der Zeit, als die Praxen ihre Abrechnungen auf Papier per Post verschickt haben. Mittlerweile ist der damit verbundene Aufbereitungsaufwand aufgrund fortgeschrittener Digitalisierung und technischer Programmlösungen für die Abrechnung deutlich geringer. Deshalb gilt es den Anachronismus aus der Welt zu schaffen.

Verzögerungen mit dem GVWG verringern

Gerade mit Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) hat die Debatte um die Verfügbarkeit von Daten Fahrt aufgenommen. Auch die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die schnelle Verfügbarkeit von Abrechnungsdaten sein kann, wenn es um eine kurzfristige Analyse der Versorgungsituation geht. Wie sollen wir beispielsweise werdende Mütter während einer Risikoschwangerschaft mit FFP2-Masken versorgen, wenn wir von den Besuchen bei der Frauenärztin oder dem Frauenarzt erst nach der Geburt erfahren?

Ich halte den Vorstoß für eine schnellere Übermittlung der Abrechnungsdaten an die Krankenkassen im Entwurf des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) deshalb für richtig. Der Zeitraum, in dem heute Unklarheit über die tatsächliche Situation herrscht, ist in einer immer digitaleren Welt nicht mehr zeitgemäß.

 

Wie sollen wir beispielsweise werdende Mütter während einer Risikoschwangerschaft mit FFP2-Masken versorgen, wenn wir von den Besuchen bei der Frauenärztin oder dem Frauenarzt erst nach der Geburt erfahren?

Vorschläge zur Umsetzung

Zur konkreten Umsetzung sind drei Szenarien denkbar:

  • Verkürzung der aktuellen Fristen auf maximal drei Monate nach Quartalsende: Schon heute erhalten Vertragsärztinnen und Vertragsärzte spätestens drei Monate nach Quartalsende ihre Endabrechnung. Dies würde schon jetzt eine Verkürzung der Lieferfristen auf drei Monate ermöglichen.
  • Entkoppelung der Leistungsdaten von den Abrechnungsdaten: Eine weitere Alternative wäre die direkte Weiterleitung der Abrechnungsdaten der Ärztinnen und Ärzte an die Krankenkassen. Das würde einen zeitnahen Überblick über das Leistungsgeschehen ermöglichen. Im Zuge eines späteren Abrechnungslaufes könnten die Leistungsdaten dann bearbeitet, gegebenenfalls korrigiert und um Rechnungsbeträge vervollständigt werden.
  • „Taggleiche“ Übermittlung von Abrechnungsdaten: Im Krankenhausbereich werden heute schon Leistungsdaten taggleich übermittelt. Um dies für alle Bereiche umzusetzen, wäre eine komplette Neugestaltung des Vergütungssystems notwendig. Allerdings wäre für bereits existierende Einzelleistungen ein solches System schon jetzt anwendbar. Nach taggleicher Übermittlung an die KVen und anschließender Weiterleitung an die Kassen wären die entsprechenden Daten theoretisch innerhalb weniger Tage verfügbar. Dadurch könnte der Idealzustand erreicht werden.
Kürzere Fristen der Datenübermittlung könnten insbesondere die Versorgung verbessern.

Vorteile für Alle

Eine frühere Lieferung der Abrechnungsdaten ist für alle Beteiligten mit vielfältigen Vorteilen verbunden:

  1. individualisierte Versorgungsangebote für Versicherte sowie ein aktueller Überblick über die Versorgung in der ePA.
  2. Möglichkeit des Gesetzgebers, frühzeitig auf Basis valider Informationen Versorgungssituationen zu analysieren und Entscheidungen zu treffen.
  3. mehr Planungssicherheit und Handlungsspielraum hinsichtlich des Leistungsgeschehens auf Basis eines frühzeitigen Überblicks über Ausgaben und Entwicklungen der vertragsärztlichen Versorgung.
  4. reduzierte Bürokratie für Ärztinnen und Ärzte, da bei früherer Datenverfügbarkeit zusätzliche Kassenanfragen für eine Reihe von Versorgungsthemen entfallen könnten.

Idealerweise sollten hierfür die heutigen Lieferfristen durch eine taggleiche oder zumindest zeitnahe Übermittlung abgelöst werden, für die allerdings Änderungen des Vergütungssystems erforderlich sind. Problemlos kann bereits im bestehenden System eine Verkürzung der Abläufe auf maximal drei Monate umgesetzt werden.

Wir als TK bevorzugen jedoch den Vorschlag, der zunächst eine grob durch die KVen geprüfte und konsolidierte Erstlieferung maximal vier Wochen nach Quartalsende vorsieht. Für die notwendige Korrektur und Ergänzung zu einem späteren Abrechnungslauf sind zwar gesetzliche Regelungen notwendig. Diese Punkte sind allerdings lösbar. Mit dem GVWG kann der Gesetzgeber ein klares Statement für eine zeitgemäße Datenübermittlung schaffen. Die Zeit dafür ist mehr als reif.

Weitere Informationen

Die Bedeutung von Daten hat durch die Digitalisierung im Gesundheitswesen in den vergangenen Jahren zugenommen. Über sie sind Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand und das Versorgungsgeschehen möglich. Mehr Informationen zur Position der TK finden Sie hier.



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Prof. Dr. Volker Möws Prof. Dr. Volker Möws
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