Natalie Hahn

13 Jahre bis zur Diagnose – Leben mit Endometriose

Jana Portukat ist 25 Jahre alt, als sie das erste Mal von der Erkrankung Endometriose hört. Ihre Intuition sagt ihr, dass dies die Antwort auf ihre Beschwerden ist. Doch bis sie tatsächlich die Diagnose erhält, vergehen viele Jahre. Im Interview berichtet die heute 29-jährige Schleswig-Holsteinerin von ihrem Leben mit Endometriose.

Jana, wann hattest du das erste Mal den Verdacht, an Endometriose erkrankt zu sein?

Seit ich 14 bin habe ich mit starken Menstruationsbeschwerden zu kämpfen. Neben starken Bauch- und Unterleibschmerzen war mir häufig übel und schwindelig. Manchmal war es so schlimm, dass ich nicht zur Schule gehen konnte. Daraufhin ist ein regelrechter Ärztemarathon gestartet mit zahlreichen Untersuchungen – doch die Antwort blieb immer dieselbe: „Frau Portukat, da ist nichts, Sie sind gesund.“
Erst einige Jahre später, als ich über Social Media das erste Mal von Endometriose gehört habe, hegte ich den Verdacht auch betroffen zu sein. Und je länger ich recherchierte, desto sicherer war ich mir, dass Endometriose die Antwort auf meine jahrelangen Beschwerden ist.

Wie war dann der Weg zur tatsächlichen Diagnose?

Ich bin damals zu einer Frauenärztin gegangen und habe ihr meine Vermutung geschildert sowie gebeten, bei mir eine Bauchspiegelung durchzuführen, um Gewissheit zu bekommen. Doch die Ärztin nahm mich nicht ernst, Regelschmerzen seien ja normal und eine Bauchspiegelung viel zu risikoreich.
Einen Wendepunkt gab es, als ich zwei Monate lang durchgehend Blutungen hatte – da war klar, dass es keine normalen Regelblutungen sein konnten. Also ging ich wieder zu einer Frauenärztin, die mich während der Untersuchung fragte, ob mein Gebärmutterhals schon immer so dick und breit war. Ehrlich gesagt, habe ich da früher nie drauf geachtet und mich auf die ärztliche Einschätzung verlassen, dass alles gut bei mir sei. Sicherheitshalber hat die Frauenärztin eine Gewebeprobe entnommen. Dabei stach sie jedoch, wie mir später mitgeteilt wurde, versehentlich und erstmal unbemerkt eine riesige, blutgefüllte Zyste an, die an meinem Gebärmutterhals saß. Erst als ich nachts einen regelrechten Blutsturz hatte, bin ich ins Krankenhaus gefahren. Dort konnte, durch die leicht erreichbare Lage der Zyste, auch ohne Bauchspiegelung diagnostiziert werden, dass ich Endometriose habe. Insgesamt hat es also 13 Jahre gedauert – inklusive diverser Arztbesuche – bis ich die offizielle Diagnose erhalten habe.

Jana Portukat ist eine von zehn: Sie ist von Endometriose und Adenomyose betroffen – Erkrankungen, von denen die Medizin und Gesellschaft noch viel zu wenig weiß.

Was hat die Diagnose in dir ausgelöst und wie ging es für dich weiter?

Einerseits war ich unglaublich erleichtert endlich zu wissen, was die Ursache meiner Beschwerden war. Andererseits hatte ich auch viele Fragen: Was heißt das jetzt für meinen Lebensplan? Wie geht es weiter? Was kann ich vorbeugend tun? In einem späteren Beratungsgesprächs habe ich Informationen bekommen, wie ich durch eine Ernährungsumstellung den Entzündungen entgegenwirken kann, welche Risiken eine OP birgt, in der die sogenannten Endometriose-Herde entfernt werden oder welche Medikamente es alternativ gibt.
Wirklich weiterhelfen konnte mir aber erst ein Endometriose-Spezialist. Der sitzt zwar in Baden-Baden, aber seither fahre ich ein bis zweimal im Jahr dorthin, um mich untersuchen zu lassen. Tatsächlich habe ich nämlich nicht nur Endometriose, sondern auch Adenomyose. Das heißt neben den Schleimhaut-Wucherungen außerhalb der Gebärmutter wuchern auch Herde innerhalb meines Uterus.

Wie sieht dein Alltag mit Endometriose und Adenomyose aus? Was hilft dir, um Symptome zu lindern?

Ich nehme aktuell täglich Medikamente ein, mit denen es mir im Vergleich zu vorher deutlich besser geht. Dennoch habe ich alltägliche Einschränkungen: Mein Bauch ist häufig entzündet und immer wieder flammen Schmerzen auf, wodurch ich quasi mit angezogener Handbremse durchs Leben gehe. Um den Entzündungen etwas entgegenzuwirken, ernähre ich mich grundsätzlich vegan und verzichte weitestgehend auf Zucker und Alkohol. Ich muss aber auch sagen, dass ich mich nach den ganzen Jahren an die Symptome gewöhnt und gelernt habe mit ihnen klarzukommen. Auch wenn die Erkrankung einen Großteil meines Lebens einnimmt, möchte ich mich nicht von ihr bestimmen lassen.

Was würdest du Frauen raten, die den Verdacht hegen, an Endometriose erkrankt zu sein?

Ich möchte jede Frau dazu ermutigen auf ihr Bauchgefühl zu hören und sich bei Beschwerden auf jeden Fall an eine Fachärztin oder einen Facharzt zu wenden – und vor allem dranzubleiben, auch wenn der Weg zur Diagnose lang und schwer sein kann.

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es hilft, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen – hierfür gibt es verschiedene Angebote. Über eine App konnte ich mich zum Beispiel über Alternativen zur OP informieren oder über unterstützende Maßnahmen ergänzend zur Medikation – das hat mir sehr geholfen.

Da ich selbst erfahren musste, mit meinen Sorgen nicht ernstgenommen zu werden, appelliere ich an alle Betroffenen: Seid noch lauter und sprecht noch offener über das Thema Endometriose, damit die Erkrankung ernst genommen wird und kein Tabuthema bleibt.

Weitere Informationen

Endometriose ist einer der häufigsten Unterleiberkrankungen bei Frauen. Bei der Erkrankung siedelt sich Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter an. Diese sogenannten „Endometriose-Herde“ können starke Schmerzen verursachen und unter anderem zu einer Unfruchtbarkeit führen.

Das Online-Angebot FEMNA hilft Betroffenen Endometriose genauer zu verstehen und ihren Alltag mit der Krankheit besser zu meistern. TK-Versicherte können das Angebot sechs Monate kostenlos nutzen.

Mit dem Ärzteführer bietet die TK Patientinnen und Patienten die Möglichkeit schnell und unkompliziert eine Expertin oder einen Experten für ihre Beschwerden zu finden.



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