„Stay at home“ – Wie Dänemark den Herausforderungen im Gesundheitswesen begegnet

In Dänemark …

…ruht man sich nicht auf dem Erreichten aus.

Dänemark gilt als vorbildlich bei der Umsetzung großer Reformen im Gesundheitswesen und der Digitalisierung. Bei einer Delegationsreise auf Einladung des baden-württembergischen Sozialministeriums konnte ich mich vor Ort davon überzeugen, wie hilfreich eine „ePA für alle“ und effiziente Krankenhausstrukturen sind, um eine gute Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung zu organisieren. Entscheidend ist aber das Mindset: In Dänemark ruht man sich nicht auf dem Erreichten aus, sondern arbeitet kontinuierlich an Lösungen. „Arbeitet“? Ich hatte den Eindruck, dass die Däninnen und Dänen den Herausforderungen einer alternden Gesellschaft und des Fachkräftemangels mit einer großen Portion Spaß, Pragmatismus und vor allem mit guten Ideen begegnen.

…wurde vor über 28 Jahren mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens begonnen.

Die dänische Politik ist geprägt von einer breiten Konsensbildung über alle demokratischen Parteien hinweg. Das ermöglicht langfristige und vorausschauende Strategien, die auch nach einem Regierungswechsel weitergeführt werden. Bereits vor über 28 Jahren wurde die Digitalisierung des Gesundheitswesens angegangen und schrittweise und modular ausgebaut. So werden 100 Prozent der Informationen zu einer Patientin oder einem Patienten zwischen den behandelnden Ärztinnen und Ärzten elektronisch ausgetauscht. Die Däninnen und Dänen können die Nutzung und Einsicht in ihre elektronische Akte theoretisch einschränken – das würde aber praktisch kaum jemand machen, wurde uns vor Ort berichtet.

… ist das Vertrauen in die Regierung und die Institutionen groß.

Denn das Vertrauen in die Regierung und die Institutionen sei in Dänemark sehr groß und sei noch nie missbraucht worden. So lässt sich wahrscheinlich auch erklären, warum es akzeptiert wird, dass im Notfall in jedem Fall Einblick in die elektronische Akte genommen werden darf, selbst wenn der Zugriff eigentlich eingeschränkt wurde. Patientensicherheit geht vor. Der Vertrauensvorschuss hilft auch beim Umgang mit dem Datenschutz.

…ist die Telemedizin in der Pflege längst angekommen.

Ein wichtiger Leitgedanke für die künftige Gesundheitsversorgung in Dänemark: Die Menschen sollen möglichst in ihrem privaten Umfeld versorgt werden. „Stay at home“ lautet die Devise. Um dem steigenden Bedarf an Pflege gerecht zu werden, wird allen Pflegebedürftigen angeboten, nach Möglichkeit telemedizinisch betreut zu werden. Wer dem zustimmt, erhält für den Kontakt mit dem Pflegepersonal ein Tablet, das sehr einfach zu bedienen ist.

…will man der beste Zweite sein.

Dänemark hat in den letzten Jahren sehr viele Betten in Krankenhäusern abgebaut. Auch aus diesem Grund soll viel Versorgung mobil organisiert werden. Dabei helfen die weit fortgeschrittene Digitalisierung und die große Offenheit der Menschen gegenüber neuen Technologien wie dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Und gerade hier zeigte sich mir ein weiterer Erfolgsfaktor für die schnelle Teilhabe an Innovationen: Man will Erster darin sein, Zweiter zu sein! Wenn also anderswo auf der Welt bereits eine hervorragende Lösung für ein medizinisches Problem mit Hilfe von KI entwickelt wurde, dann möchte man das so schnell wie möglich kopieren und skalieren und nicht das „Rad“ nochmal neu erfinden.

Das könnte in Deutschland auch klappen!

Und das können wir uns bei den Däninnen und Dänen abschauen? Klare politische Leitplanken, langfristige Ziele und Freude an Innovationen – kombiniert mit einer pragmatischen Herangehensweise und der konsequenten Umsetzung neuer Ideen. Das sollte doch in Deutschland auch möglich sein!