Dr. Jens Baas

Das Patientengesetz: Ein Kommentar

Der Referentenentwurf für das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) will Patienten einen besseren Zugang zu ärztlichen Leistungen ermöglichen. Dabei werden zentrale Problemfelder in Angriff genommen.

Die vor zwei Jahren eingeführten Terminservice-Stellen führten bislang eher ein Schattendasein. 2017 wurden bundesweit 391.078 Anrufe entgegengenommen – bei insgesamt 562 Millionen Behandlungsfällen. Das entspricht einem Anteil von 0,07 Prozent.

Nun werden sie bei der geplanten Reform ein zentraler Ankerpunkt, um wesentliche Probleme in der ärztlichen Versorgung zu beheben. Durch verbesserte Rahmenbedingungen wie die 24-Stunden-Erreichbarkeit, einer bundesweit einheitlichen Rufnummer und extrabudgetärer Vergütung für Ärzte sowie der Ausweitung der Sprechstundenzeiten soll eine effizientere Versorgung insbesondere bei Akutfällen erreicht werden.

Neue Zugangswege zur ärztlichen Versorgung

Gleichzeitig will man Patienten dabei unterstützen, einen Hausarzt oder einen Kinder- und Jugendarzt zu finden, der sie dauerhaft behandelt. Im Vorgriff auf die angekündigte Reform der Notfallversorgung sollen die Service-Stellen bereits nach dem Triage-System handeln: Damit soll hier eine erste Priorisierung der medizinischen Hilfeleistung stattfinden.

Zudem ist ein digitales Angebot im Kontext der Terminservice-Stellen vorgesehen: Patienten sollen Arzttermine auch online oder via App vereinbaren können. Das ist folgerichtig und zeitgemäß.

Die TK begrüßt diesen Verstoß der Regierung. Es ist wichtig, die Wartezeiten-Problematik mit Nachdruck anzugehen. Terminservice-Stellen müssen einen umfassenden Vermittlungsauftrag erhalten. Gleichzeitig braucht es einen Standard für die Online-Terminbuchung. Der Referentenentwurf berücksichtigt die bevorstehende Reform der Notfallversorgung und schafft eine erste Grundlage für ein Triage-System.

Der ländliche Raum wird attraktiver

Ärztinnen und Ärzte, die in unterversorgten Gebieten praktizieren, sollen künftig bundesweit verbindlich über regionale Zuschläge besonders unterstützt werden. Diese zusätzliche finanzielle Förderung wird auf der einen Seite von der TK unterstützt. Auf der anderen Seite ist es problematisch, diese Zuschläge auf das Andauern der eingetretenen oder drohenden Unterversorgung zu beschränken.

Ein zeitlich befristetes Nachwirken der Zuschläge – die TK schlägt hier zehn Jahre vor – würde die Attraktivität der ländlichen Räume nachhaltig verbessern und mehr Planungssicherheit für die betroffenen Arztgruppen schaffen.

Sehr positiv sieht die TK die Aufnahme der Landarztpraxis als Praxisbesonderheit für die Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Dies macht Hausbesuche wieder attraktiver und schützt gerade in betroffenen Regionen vor unnötigen Prüfverfahren.

Patientenautonomie wird gestärkt

Das Arzt-Patienten-Gespräch soll besser vergütet werden. Viele Patienten erwarten heute von ihren Ärzten detaillierte Informationen zu Diagnosen und eine Einbindung in die Therapieentscheidung. Ein Gespräch auf Augenhöhe schafft Verständnis und stärkt die Therapietreue sowie die Patientenzufriedenheit.

Allerdings muss der Mehraufwand, den der Arzt durch eine umfangreichere Beratung hat, auch entsprechend vergütet werden. Die TK befürwortet daher, dass der einheitliche Bewertungsmaßstab hinsichtlich der Bewertung technischer Leistungen zur Nutzung von Rationalisierungsreserven zur Förderung der „sprechenden Medizin“ überprüft werden soll.

Die Digitalisierung kommt voran

Damit die Versicherten in Zukunft Transparenz über ihre Daten haben, sollen alle Krankenkassen dazu verpflichtet werden, bis spätestens 2021 eine elektronische Gesundheitsakte anzubieten. Diese Regelung begrüßt die TK ausdrücklich.

Gemeinsam mit IBM haben wir eine Akte für unsere Versicherten entwickelt, die derzeit im Testbetrieb läuft. Der Versicherte hat ganz konkrete Vorteile davon: Er hat alle wichtigen Dokumente an einem zentralen Speicherort, was zum Beispiel im Gespräch mit dem Arzt sehr nützlich ist. So können beispielsweise Wechselwirkungen zwischen Medikamenten besser erkannt und unnötige Doppeluntersuchungen vermieden werden.

Elektronische AU-Bescheinigung: Arbeitgeber berücksichtigen

Ein weiterer wichtiger Schritt zum Ausbau der Digitalisierung ist die Regelung im Referentenentwurf, dass ab dem 1. Januar 2021 ein einheitliches, verbindliches und elektronisches Verfahren zur Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen an die Krankenkassen eingeführt werden soll.

Die TK hat das Projekt digitale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits angestoßen und geht jetzt sogar einen Schritt weiter: Aktuell werden die ersten Arbeitgeber in den Prozess eingebunden. Erste Erkenntnisse zeigen, dass aufgrund rechtlicher Vorschriften der Prozess nicht bis zum Ende digital umgesetzt werden kann.

Die digitale Infrastruktur liegt zwar vor. Es müssen jedoch umfangreiche Einzelvereinbarungen zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Krankenkasse geschlossen werden. Auch, um den Versicherten aus arbeitsrechtlicher Sicht zu schützen. Die TK fordert daher, auch die Arbeitgeber in dem Gesetz zu berücksichtigen.


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