Sandra Mühlbach

Wie die Krawatte aus dem TK-Dresscode verschwand

Sie ist Sinnbild für den klassischen Büro-Look, auch bei der TK war sie viele Jahre ein Muss für die männlichen Mitarbeiter: die Krawatte. Heute mag sie jedoch nicht mehr so recht in den Arbeitsalltag passen.

Ein Blick ins historische Foto-Archiv der TK offenbart warum: Nicht nur zu festlichen Anlässen wie der Eröffnung neuer TK-Dienststellen in den 1970er Jahren oder bei diversen Sektempfängen in den Achtzigern, auch bei Konferenzen und überhaupt im Büroalltag – für die männlichen Kollegen ging nichts ohne Krawatte.

Die Geburt der TK-Krawatte

1982 wurde die Leidenschaft für den formalen Halsschmuck in offizielle Bahnen gelenkt: Die TK-Krawatte, ein Schlips mit aufgedrucktem Firmenlogo, wurde erstmalig bestellt. Zunächst wurden die Krawatten – der stolze Warenwert betrug zehn Deutsche Mark – nur einem ausgewählten Personenkreis, den ehrenamtlichen Beratern nämlich, zur Verfügung gestellt. Bei ihren Besuchen in Unternehmen und Betrieben konnten sie ihre Kasse fortan nicht nur mit Expertise, sondern auch in modischer Hinsicht angemessen repräsentieren.

Später wurde die Krawatten mit Branding in den Sitzungen des Verwaltungsrats getragen, danach fanden sie ihren Weg in die Garderobe weiterer TK-Angestellten.

Corporate Identity in Handarbeit

Die Idee, dass sich die Zugehörigkeit zu den Technikern so gut um den Hals tragen lässt, war jedoch schon vor Einführung der offiziellen TK-Krawatte geboren. So findet sich im hauseigenen TK-Archiv eine handgearbeitete Häkel-Krawatte, stilecht in Azurblau und – dem damaligen Corporate Design entsprechend – mit Techniker-Zahnrad. Logo und Machart lassen darauf schließen, dass dieser privat angefertigte Vorläufer der Firmenkrawatte aus den 1960er oder 1970er Jahren stammen muss. Zu welchen Anlässen das gute Stück getragen wurde, darüber lässt sich nur spekulieren.

Fund aus dem TK-Archiv: eine handgearbeitete Häkel-Krawatte, in Azurblau und mit Techniker-Zahnrad.

Abgesang an die Krawatte?

Für TK-Chef Dr. Jens Baas war die Krawatte in seinen ersten Jahren als Vorstandsvorsitzender ein selbstverständlicher Teil des TK-Dresscodes – heute trägt er sie nur noch zu ausgewählten Anlässen: „Als ich 2011 Vorstand in der TK wurde, waren auch hier die Krawatten Teil der normalen Bürokleidung, auch ich trug sie immer. Aber irgendwie passte das nicht mehr zu unserer Kultur, zu dem, wie wir uns weiterentwickelten, und so habe ich einfach eines Tages aufgehört, eine zu tragen. Ein interessantes Sozialexperiment: Es gab nie eine Anordnung oder ähnliches, trotzdem war innerhalb weniger Wochen die Krawatte in der TK deutlich seltener zu sehen, und innerhalb von ein paar Monaten faktisch ausgestorben.“ Dabei sei er sicher „kein Gegner der Krawatte, im Gegenteil“, fügt er hinzu: „Ich finde, es gibt immer noch Gelegenheiten, bei denen Mann eine tragen sollte, aber für die meisten eben nicht mehr immer und jeden Tag.“

Ich finde, es gibt immer noch Gelegenheiten, bei denen Mann eine tragen sollte, aber für die meisten eben nicht mehr immer und jeden Tag.

TK-Vorstandsvorsitzender Dr. Jens Baas

Die TK-Krawatte, ein Schlips mit aufgedrucktem Firmenlogo

Trendwende beim TK-Dresscode

Als Personalberater Thomas Dittrich 2004 zur TK kam, war die Krankenkassen-Kleiderordnung noch ziemlich zugeknöpft: „Für meinen Start hatte ich mich vollständig ausgestattet: Hemd, Anzug und Krawatte. So saßen wir Trainees also schön geschniegelt im Begrüßungstermin. Im anschließenden Austausch mit meinem Mentor fragte ich, wie ich denn zukünftig erscheinen solle. Er sagte: ‚Genauso wie heute.‘ Ich hakte noch mal nach und zeigte auf die Krawatte. Antwort: ‚Ein Personalberater muss auch äußerlich als solcher zu erkennen sein.‘“

Sieben Jahre später, so erinnert sich Dittrich, läutete TK-Chef Baas bei einem internen Meeting der Nachwuchsführungskräfte mit einem legeren Auftritt die Trendwende ein: „Natürlich waren wir auch hier sehr hübsch angezogen. Allerdings kam Baas dann mit Motorrad und Jeans. Und wir fühlten uns alle over-dressed.“

Dienstkleidung? Gerne auch bequem!

Heute gilt für viele TKler:innen die „Flex-Office“-Regelung, die es ermöglicht, Arbeitszeiten in Büro und Homeoffice flexibel zu koordinieren. Der Dresscode passt sich dieser neuen, dynamischen Arbeitssituation an: Dienstkleidung darf heute – sofern sie zum Anlass passt – gerne bequem sein.

Was in Videokonferenzen außerhalb des Sichtfeldes passiert, bleibt dabei Privatsache – und sogar der TK-Chef gibt zu: „Ja, auch ich hatte Vikos mit ordentlichem Hemd über und Jogginghose unter dem Schreibtisch.“ Nichtsdestotrotz: Auch heute noch wird hier und da auf den Fluren die ein oder andere Krawatte gesichtet. Allerdings ohne Logo und gerne kombiniert mit einem Paar Sneakern.



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