Als Digitalexperte Sascha Lobo am ersten Tag die Bühne in Halle 6 betritt, werden die Gäste begrüßt von: Karl Lauterbach. Er klingt zwar etwas blechern, aber es ist unverkennbar die Stimme des Bundesgesundheitsministers. Lobo löst das Rätsel schnell auf. Mithilfe einer Künstlichen Intelligenz hatte er Lauterbach einen Begrüßungstext verlesen lassen und so eindrücklich gezeigt, was KI schon kann, wo aber auch potenzielle Gefahren liegen können. Trotzdem betont Lobo: „Ich will euch die Angst vor der KI nehmen!“. Es sei an uns allen, die positiven Entwicklungen bei der KI-Nutzung mitzugestalten, dann gäbe es riesige Chancen – auch in der Medizin.
KI ist schon jetzt überall
Direkt im Anschluss an Sascha Lobo betrat der echte Karl Lauterbach die Bühne. Er griff das Thema unmittelbar auf: „KI wird die Medizin komplett verändern“, prognostizierte der Gesundheitsminister. Er sprach von den Möglichkeiten, die sich bei personalisierten Behandlungen in Zukunft ergeben, legte seinen Fokus aber auf die Chancen im Bereich Früherkennung und Risikoabschätzung. Das funktioniere bereits heute bei Demenz oder Krebs gut, da Künstliche Intelligenz etwa bei Bluttests effektiv bestimmte Muster erkennen könne. In Zukunft werde die Kombination aus besseren Daten und Künstlicher Intelligenz hier noch viel mehr Möglichkeiten eröffnen. Hier zeigte Lauterbach sich ambitioniert: Er will „KI in allen Gesetzen“ und so Deutschland zum digitalen Vorreiter in Europa machen. Das neue Medizinforschungsgesetz (MFG) würde dafür die Grundlage legen. Das Ziel sei der größte medizinische Datensatz der Welt, der einmalige Chancen für die Forschung bieten soll. Die Daten sollen dabei selbstverständlich nur pseudonymisiert vorliegen und so keine Rückschlüsse auf einzelne Personen zulassen.
Durch Lobo und Lauterbach war so am Dienstagmittag bereits das Thema gesetzt, das die folgenden Tage prägen sollte. Die Rolle von Künstlicher Intelligenz zog sich wie ein roter Faden durch die Messehallen. In nahezu jedem Programmpunkt tauchte sie auf. Und jedes ausstellende Unternehmen, das etwas auf sich hält, hatte natürlich KI mit im Gepäck.
Die elektronische Patientenakte im Fokus
Auch wenn KI heute schon in vielen Bereichen des Gesundheitswesens eingesetzt wird: Die ganz revolutionären Ansätze, die auch hier auf der DMEA oft vorgestellt wurden, sind noch ein paar Jahre entfernt. Viel näher liegt ein anderer Schritt auf dem Weg zum digitalisierten Gesundheitssystem: Die elektronische Patientenakte (ePA) für alle. Bis Mitte Januar 2025 sollen alle gesetzlich Versicherten eine ePA erhalten, wenn sie nicht widersprechen. Geht das nicht zu schnell? „Es kann gar nicht schnell genug gehen!“, sagt Susanne Ozegowski, die als Abteilungsleiterin im Gesundheitsministerium für Digitalisierung zuständig ist, im Gespräch mit TK-Chef Jens Baas und Matthias Meierhofer, Vorstandsvorsitzender des bvitg.
Die Existenz der ePA allein reiche aber nicht, so Baas. Sie müsse auch genutzt werden – sonst bringe sie nichts. Und wie sorgt man dafür, dass sie aktiv genutzt wird? Die ePA müsse einen spürbaren Mehrwert bringen – für alle Seiten. Wenn Patientinnen und Patientinnen eine bessere und schnellere Versorgung erhalten und Ärztinnen und Ärzte sich einfach und schnell einen Überblick über bisherige Behandlungen oder verschriebene Medikamente verschaffen können, werden beide Seiten die ePA gerne nutzen.
Auf dem Messestand der TK standen neben der ePA weitere digitale Versorgungsangebote im Zentrum: Die Apps TK-Babyzeit, TK-Doc und Virtual Training können mit Hilfe der Gesundheitsdaten in der ePA individualisierte Unterstützung für die Nutzerinnen und Nutzer liefern. Wie das genau funktioniert, konnte man spielerisch an drei Bildschirmen selbst herausfinden und dabei sogar eine Kleinigkeit gewinnen.
Neben den Megathemen Künstliche Intelligenz und Nutzung von Gesundheitsdaten gab es aber auch andere Digitalisierungsthemen, die im ersten Moment klein erscheinen, aber einen riesigen Mehrwert bringen und Betroffene aktiv entlasten können. Ein kassenübergreifendes Projekt aus dieser Kategorie stellte Klaus Rupp, Leiter des TK-Versorgungsmanagements, vor: Die eVerordnung für Hilfsmittel soll noch im Laufe dieses Jahres eingeführt werden und den gesamten Prozess bei der Verordnung von Hilfsmitteln digitalisieren.
Wie Sascha Lobo zum Start der Messe festgestellt hatte, ist das Gesundheitssystem etwas ganz Besonderes: Während viel über die großen Zukunftsthemen gesprochen wird, werden gleichzeitig vielerorts noch immer Faxgeräte genutzt. Der Weg von der Idee bis in den Arbeitsalltag kann also ein langer sein. Aber: Jeder Schritt zählt. Und die verschiedenen KI-Anwendungen haben im letzten Jahr viele große Schritte gemacht, das wurde ganz deutlich bei der diesjährigen DMEA.
Die DMEA 2024 in Zahlen
- 18.600 Besucherinnen und Besucher
- etwa 350 Speaker
- über 800 Austeller aus fast 30 Ländern
- sechs gefüllte Messehallen